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Der letzte Atemzug von Huwil

Von Nicolas Ottersbach | | Wirtschaft/Politik

Vor 30 Jahren hatte das Traditionsunternehmen noch 1200 Mitarbeiter, jetzt sind es gerade einmal 22. Bis zum 30. Juni soll auch der letzte Angestellte gehen. Der einstig renommierte Hersteller für Schlösser und Beschläge stellt seinen Betrieb nach einem Insolvenzverfahren 2006 und mehreren Entlassungswellen komplett ein. Ein Sozialplan soll die Beschäftigten nach ihrer Entlassung finanziell unterstützen. Die Politik berät derweil über die weitere Verwendung des rund 70.000 Quadratmeter großen Firmengeländes.

Es war ein schleichender Niedergang, der sich bei Huwil seit der Jahrtausendwende vollzog. Das Werk in Waldbröl wurde verkauft, hunderte Stellen fielen weg. Gleichzeitig expandierte man nach Ungarn und eröffnete dort ein neues Werk. 2002 veräußerte die Familie des Firmengründers Hugo Willach ihre restlichen Anteile. 300 Angestellte im Bröltal und 210 in Ungarn hatte das Unternehmen 2003. Ein Jahr später war Huwil Pleite, das Insolvenzverfahren wurde eingeleitet. 2005 machte man keine Schulden mehr, 2006 warf die Firma mit 42 Millionen Euro Umsatz erstmals wieder Gewinn ab. 1,8 Millionen Euro investierte die Konzernführung in neue Maschinen und Werkzeuge.

Als das Insolvenzverfahren 2006 beendet war, hatte Huwil noch 160 Beschäftigte. Im Oktober erwarb das englische Unternehmen Titus 51 Prozent der Firmenanteile von Huwil. Dadurch entstand mit Titus+Lama+Huwil einer der weltweit zehn größten Hersteller von Möbelzubehör. 2008 schrumpfte die Belegschaft auf 90 Mitarbeiter, eine Transfergesellschaft wurde gegründet. Im gleichen Jahr verkaufte der Konzern die Schlossmacherei 'Huwil Locks' an Lehmann. Die Sparte, die man zwei Jahre zuvor noch als Kerngeschäft bezeichnet hatte. Aktuell arbeiten dort 40 Angestellte. 2009 verließen nach dem Verkauf weiterer Firmenteile 19 Beschäftigte den Betrieb.

Im Februar sollen die ersten der verbliebenen 22 Angestellten, darunter zwei Auszubildende, gehen. Weitere zum 1. März und 1. Mai, am 30. Juni verlieren auch die Letzten ihren Arbeitsplatz. Auch dieses Mal soll eine Transfergesellschaft gegründet werden, in der die Beschäftigen für vier bis zwölf Monate einen Teil ihres bisherigen Lohnes ausgezahlt bekommen. Zwar werde es auch Abfindungszahlungen geben, so Jürgen Weller, Gewerkschaftssekretär der IG-Metall. Doch die Angst keinen neuen Arbeitsplatz zu finden bleibe.

Wie es mit dem bald leerstehenden Firmengelände weitergehen soll, ist unklar. "Wir müssen vor allem neue Investoren locken", sagt Bürgermeister Mario Loskill. Deshalb hat der Ausschuss für Planung und Umweltschutz ihn auf Initiative der CDU damit beauftragt, einen Bebauungsplan für das über 70.000 Quadratmeter große Areal an der Bröltalstraße vorzubereiten. Die SPD riet dazu, auch die Landesentwicklungsgesellschaft als möglichen Käufer in Betracht zu ziehen. "Man sollte auch prüfen, ob mit Zuschüssen des Kreises zu rechnen ist", sagt Klaus-Peter Smielick von der FDP. Bauliche Ausgefallenheiten wie vor wenigen Jahren, als sich die Politik von der Huwil-Konzernspitze mit Maßnahmen zur Arbeitsplatzerhaltung unter Druck setzen ließ und daraufhin das große Regallager gebaut wurde, sollen nicht mehr passieren. Der graue Blechwürfel störe nach Ansicht vieler Bürger die Ruppichterother Baulandschaft noch heute. Aber vielleicht verschwindet das Bauwerk in den nächsten Jahren auch wieder, wenn sich dort ein neuer Investor niederlässt. Auf dem Boden, der die Ruppichterother Wirtschaft über hundert Jahre lang prägte.

Kommentare

  • Doris Drömmler
    December 9, 2013 um 5:29 pm

    Ich bin sehr gespannt, was nun mit dem Werk tatsächlich geschieht. Wann immer ich an den Gebäuden vorbei fahre, bin ich wehmütig, vor allem das Eingangsgebäude sieht aus, als ob jeden Moment jede Menge Huwil-Mitarbeiter heraus strömen.

     

    Toll fand ich immer das alte handgemalte Bild, womit Huwil früher Werbung machte...Das waren noch Zeiten....Das Bild ist gerettet worden und findet sich auf der Internetseite des Nachfolgers HMT (huwil.de) wieder. Das finde ich sehr schön, dass die alten Zeiten gewürdigt werden.

  • Wolfgang Steimel
    May 7, 2013 um 4:15 pm

    Freu mich, über Broeltal.de etwas von Thomas Albers zu lesen, war selber von 1963 bis 66 in der Werkzeugmacherlehre. Kommentar von Thomas trifft zu 100% zu, Grüße ihn ganz herzlich.

  • Thomas Albers
    May 3, 2013 um 7:23 pm

    Von 1960 bis 1967 konnte ich in den HUWIL-Werken eine Werkzeugmacherlehre und anschließend gleich eine Technische Zeichnerlehre mit Erfolg abschließen. Es war eine wunderbare Zeit, die ich nicht missen möchte. Auch während meiner Studienzeit in Gummersbach konnte ich in den Semesterferien in den HUWIL-Werken arbeiten. Wir waren eine große Familie. Jeder kannte jeden. Zu jener Zeit gab es Vorgesetzte, die viel Ahnung hatten und die das Unternehmen nach vorn brachten. Als sie alle nicht mehr da waren, ging es leider bergab, vor allem mit dem tragischen plötzlichen Tod von Fritz Willach.

     

    Es stimmt mich ins Nachhinein sehr traurig, daß dies alles vorbei sein soll.

  • Ronald Hörstmann
    December 27, 2011 um 9:48 pm

    Durch Zufall lese ich jetzt erst von der Schließung des HUWIL Werkes, Ruppicheroth. Obwohl ich dort nur 2 Jahre 1963 und 1964 im Export beschäftigt war, stimmt es mich sehr, sehr traurig. War ich doch immer von der Qualität der HUWIL Waren überzeugt. Es ist einfach nicht zu fassen, wie dieses stolze Werk zu einem Nichts geworden ist. Jetzt im Süden Deutschlands wohnend grüße ich alle HUWILISTEN.

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