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Feuerwehr-Streit: Hoffen auf Versöhnung

Von Nicolas Ottersbach | | Blaulicht

Wenn jetzt Winterscheider Feuerwehrautos durch Ruppichteroth fahren, ist es kein Notfall: Um Fahrtzeiten zu verkürzen, erkunden die Wehrleute die Orte rund ums Doorp. Das ist Teil der neuen Alarm- und Ausrückeordnung, die Wehrleiter Claus Müller mit Bürgermeister Mario Loskill, der Siegburger Leitstelle, dem Winterscheider Löschzug und den verbliebenen Ruppichterother Kameraden entwickelt hat. Auch aus den Nachbarwehren gibt es Unterstützung, bei bestimmten Einsätzen wie Hausbränden oder schweren Verkehrsunfällen eilen sie sofort herbei und müssen nicht nachalarmiert werden. Damit die Hilfsfristen so kurz wie möglich sind, bekommen die fremden Feuerwehren detailliertes Kartenmaterial.

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Stellungnahme von Ferdi Lückerath, Wehrführer a.D.

Pressemitteilung von Bürgermeister Mario Loskill und Wehrführer Claus Müller

Derweil äußerten sich die ausgetretenen acht Führungskräfte des Ruppichterother Löschzugs genauer zu Müllers angeblicher "fehlender fachlicher und sachlicher Kompetenz", die sie ihm vorwerfen. In einer Stellungnahme, die auf ihre Bitte nicht veröffentlicht werden soll, forderten sie konkret seinen Rücktritt: "Es müsste nur ein Einzelner die moralische Verantwortung übernehmen und sein Amt niederlegen, zum Wohle aller Bürger und zum Wohle der Freiwilligen Feuerwehr Ruppichteroth", heißt es in dem Brief der Ex-Wehrmänner.

"Ich lasse mich als Bürgermeister nicht erpressen und stehe weiterhin zu meinem Wehrführer", so Loskill. Auch Müllers Vorgänger, Ferdi Lückerath, fühlte sich in der Pflicht Stellung zu beziehen: "Wenn Führungskräfte der Freiwilligen Feuerwehr dem Bürgermeister die Pistole auf die Brust setzen um ihn dazu zu bewegen, den unbescholtenen und angesehenen Wehrführer abzusetzen, sehe ich das als Erpressung an." Er sei stolz auf den Bürgermeister, dass er dem nicht nachgebe.

Wie Siegmar Bröhl und Jan Ketelsen für sich und ihre sechs ehemaligen Kameraden erklärten, sei ihnen und den 24 Kameraden der Austritt sehr schwer gefallen. Unter anderem sei die einjährige Verlängerung von Müllers Amtszeit als kommissarischer Leiter ausschlaggebend für die Dienstquittierung der acht gewesen. Sie sind der Meinung, dass dafür die gesamte Feuerwehr hätte angehört werden müssen und schickten das per Brief ins Rathaus. "Weil aber schon vor zwei Jahren der Wehrführer einstimmig von allen Kameraden bestätigt wurde, war das laut Gesetz nicht ein zweites Mal nötig", hält Loskill dagegen. Auch Kreisbrandmeister Walter Jonas hatte dafür sein OK gegeben, der Gemeinderat beschloss in einer nicht öffentlichen Sitzung Müllers Weiterarbeit.

Das war nötig, damit er als kommissarischer Wehrleiter im Amt bleiben konnte. Zur Zeit fehlt dem Ehrenamtler noch ein Lehrgang zum Streichen des "kommissarischen" Titels. Die Fortbildung hätte er schon längst gemacht, wenn sich sein Arbeitgeber nicht quer gestellt hätte. Im April wolle er den Lehrgang antreten.

Die Antwort von Loskill und Müller auf den Brief war deutlich: Der Führungsriege warfen sie Respektlosigkeit gegenüber den Ämtern von Kreisbrandmeister, Wehrleiter, Gemeinderat und Bürgermeister vor. Zudem sahen sie die vertrauensvolle Zusammenarbeit gefährdet. "Das bedeutete nicht, dass wir das Vertrauen verloren hatten", so Loskill. Es sei vielmehr ein Aufruf gewesen, sich an einen Tisch zu setzen. "Wie sollen wir gemeinsam unseren gefährlichen Dienst erfüllen, wenn wir [..] nicht mehr vertrauen können", kritisierte die Truppe. Der Bruch war vollzogen, 24 Kameraden standen zu ihrer Löschzugführung und traten vergangenen Freitag aus der Feuerwehr aus.

Siegmar Bröhl äußerte sich auch detaillierter zu "vielen Kleinigkeiten". So sei Wehrleiter Müller in der Silversternacht 2011/2012 in der Gaststätte sitzengeblieben, während seine Kameraden zu einem Einsatz ausrückten. "Ich hatte mich aus privaten Gründen abgemeldet, das war abgesprochen und mein Stellvertreter übernahm meine Arbeit", erklärte Müller. Dafür habe man schließlich eine Vertretung.

Dass der Wehrleiter den Kommandowagen als Dienstfahrzeug benutze, habe ebenfalls für Unruhe gesorgt. Das Auto würde als taktisches Mittel bei Einsätzen fehlen, so Bröhl. "Der KdoW ist das Dienstfahrzeug des Wehrführer", entgegnete Ferdi Lückerath. Damals hätte er ihn nicht genutzt, weil er unter großem Termin- und Leistungsdruck gestanden habe und nicht zu allen Einsätzen hätte fahren können. "Mein Nachfolger hat jedoch ganz andere Möglichkeiten, für Feuerwehreinsätze von der Arbeit freigestellt zu werden, und nutzt diese auch", so der ehemalige Wehrführer Lückerath. Müller bezahle jeden Monat für den Wagen eine Pauschale und rechne Privatfahrten kilometergenau ab.

Weiterhin hält Bröhl Müller vor, dass er bei großen Einsätzen die Leitung an den Kreisbrandmeister oder seinen Stellvertreter abgegeben habe. So geschehen bei Hausbränden in Hänscheid und Velken 2012. "Das ist völlig üblich, wenn mehrere Wehrleiter verschiedener Feuerwehren am Einsatz beteiligt sind", sagte Müller. Dann brauche man jemanden aus einer übergeordneten Führungsebene, der das Kommando übernehme.

"Es liegen keine fachlichen und rechtlichen Gründe vor, die mich in die Lage versetzen würden, Herrn Müller entlassen zu müssen", sagte Loskill. Beide hoffen noch auf Versöhnung. Gleiches gilt für Ferdi Lückerath: "Hoffentlich besinnen sich noch einige von ihnen (A.d.R.: Feuerwehrkameraden) und sind bereit, auch unter der Leitung von Claus Müller, ihr Ehrenamt wieder auszuüben."

Bis dahin übernehmen die verbliebenen Feuerwehrkameraden aus Ruppichteroth und Winterscheid den kompletten Feuerwehrdienst in der Gemeinde. Weil der Winterscheider Löschzug sich uneingeschränkt einsatzbereit erklärt habe, sei die Sicherheit der Bröltalgemeinde gewährleistet, so Loskill. Wegen der insgesamt 32 ausgetretenen Wehrleute kann es aber länger dauern, bis Hilfe kommt. Die umliegenden Wehrleiter solidarisierten sich mit Claus Müller. Um die fehlenden Einsatzkräfte auszugleichen, unterstützen die nächstgelegenen Nachbarwehren aus Eitorf, Much, Hennef, Neunkirchen-Seelscheid, Nümbrecht und Waldbröl im Notfall.

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