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Marode Pulvermühle in Velken soll Wasserkraftwerk werden

Von Nicolas Ottersbach | | Wirtschaft/Politik

Die zerfallene Pulvermühle in Velken soll zu einem Wasserkraftwerk umgebaut werden. Ob das möglich ist, prüfen nun die Gemeindewerke. Vorbild sind Graf Max von Nesselrode und die Stadt Overath. Fotos: Die Pulvermühle in Velken [Nicolas Ottersbach]

Von der alten Pulvermühle an der Bröl bei Velken ist nicht mehr viel übrig. Etwa hundert Meter von der Bundesstraße 478 entfernt, fast auf der Gemeindegrenze von Ruppichteroth und Waldbröl, verschwindet sie hinter Bäumen und Sträuchern. Eine Plane liegt über den Bruchsteinmauern und dem Dach, Bauzäune sollen ungebetene Besucher abschrecken. Doch zu schützen scheint es nicht mehr viel zu geben: Einige Gebäudeteile sind längst eingestürzt. Das Innere ist verwaist und verwüstet.

Schwarzpulver, Knochen und Getreide

In den 1960er Jahren sah es hier noch ganz anders aus. Der letzte Betreiber der Pulvermühle hieß laut dem Rheinischen Amt für Denkmalpflege Rödder und mahlte zuletzt nur noch Back- und Futterschrot, aber kein Feinmehl mehr. Mehr als 200 Jahre lang, ungefähr seit 1725, war sie in Betrieb und gab dem oberhalb gelegenen Ort auch seinen Namen. Ursprünglich ist die Schwarzpulvermühle als „Untere Pulvermühle“, also als eine der Benrother Pulvermühlen, vermerkt.

Bis 1853 war sie eine reine Pulvermühle, danach eine Frucht- und Knochenmühle. Nach 1918 folgte ein weiterer Umbau, diesmal zur Getreidemühle. 1983, da war sie schon lange stillgelegt, erkannte man den Denkmalcharakter des alten Gebäudes, ein langgestreckter eingeschossiger Bruchsteinbau mit Fachwerkgiebeln und erhaltenem Mühlrad. Im rechten Teil hatte man das Fachwerk schon mit Hohlblocksteinen ausgebessert und die linke Häfte mit Wellblech eingedeckt.

Seltenes Mühlrad

Für die Denkmalforscher ist die Mühle an sich bedeutsam: Denn sie enthält ein relativ modernes eisernes Kronrad-Getriebe, das zwei Mühlengänge antrieb, von denen einer einen fast unbenutzten Läuferstein besitzt. "Beide Läufersteine haben Kugelkopfhauen und einen, sonst nirgends vorgefundenen, fünfzackigen Kläpper-Ring. Das Kammrad hat eiserne Zähne, das Kronrad hölzerne Kämme. Daneben enthält die Mühle einen Walzenstuhl. Das eiserne oberschlächtige Wasserrad von knapp drei Metern Durchmesser und einem Breite ist im Eishaus verborgen. Es ist so breit, dass früher zwei Wasserräder nebeneinander liefen, von denen das andere im Nebengebäude ein zweites Werk antrieb", schrieben sie um 1998. Und noch einen interessanten Vermerk: "Die Anlage steht da, als sei sie erst vor Kurzem verlassen worden, verfällt aber immer rascher."

Das, was die CDU-Fraktion im Ruppichterother Gemeinderat beantragt hat, ist von der alten Nutzung aber weit entfernt. "Uns ist die Mühle wichtig. Und die Wasserkraft durch die alte Pulvermühle ist eine erste Möglichkeit, Naturstrom vor Ort für unsere Bürger zu gewinnen", sagt Christoph Schmidt. Man greift damit eine alte Idee der Gemeindeverwaltung auf: Sie hatte den Bau vor rund 20 Jahren gekauft, mit dem Ziel, ihn als Denkmal zu erhalten. Passiert ist seitdem aber nicht viel.

Denkmalschützer prüfen erneut

Der Mühlengraben gilt als Bodendenkmal, die Mühle selbst genießt keinen Denkmalschutz. Laut Bürgermeister Mario Loskill seien die Experten des Landschaftsverbands Rheinland zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich um eine Mühle handele, wie es viele in der Region gebe. Doch diese Einschätzung hat sich geändert. "Fachleute vom Rheinischen Mühlenverband haben bei einer Besichtigung festgestellt, dass die alte Mühle etwas Besonderes ist, weil sich das Mühlrad im Wasser befindet", sagt Loskill. Deshalb gebe es nun ein erneutes Denkmalschutz-Verfahren.

Sollte die Mühle zur Energiegewinnung umgebaut werden, gibt es Fördermittel des Landes NRW. Schmidt weiß davon zu berichten: Als Leiter der Stadtwerke Overath hat er ein ähnliches Projekt bereits verwirklicht. 30 Einfamilienhäuser können mit dem Strom aus einer kleinen Turbine versorgt werden - die Größenordnung, die auch für Ruppichteroth denkbar sei. Das sollen nun die Gemeindewerke als lokaler Stromlieferant prüfen, womit sie der Gemeinderat einstimmig beauftragt hat.

Vorbild an der Burg Herrnstein

Einige Kilometer weiter, an der Burg Herrnstein, gibt es schon ein Vorbild: Dort hat Max Graf von Nesselrode vor vier Jahren eine alte Mühle an der Bröl zum Wasserkraftwerk umgebaut. Dafür hat er nicht nur in neue Technik, sondern auch ein neues Wehr investiert. Das Wasser der Bröl wird von Laub und Dreck befreit, dann stürzt es unterirdisch sechs Meter in die Tiefe und treibt die Räder der Turbine an. Die Anlage kann mit einer Leistung von 45 Kilowatt 80 Haushalte mit Strom versorgen. Der Umbau kostete damals 720.000 Euro. 200.000 Euro gab das Land als Fördersumme.

Kommentare

  • Ira D.
    August 3, 2020 um 10:24 am

    Das hätte so einen schönen Biergarten, Restaurant oder ähnliches geben können mit ausreichend Parkplatz drum herum und nicht direkt an der Straße. Unverständlich, warum der Erhalt erhaltenswerter Gebäude in Ruppichteroth nicht funktioniert. Ein schöner Biergarten, wie z.B. die Holsteinsmühle bei Homburg Bröl, fehlt hier ja gänzlich. Der jetzige Zustand des einst schönen Gemäuers dieser Mühle hier wirft ein schlechtes Bild auf die Gemeindeführung. Warum eine olle gar nicht so alte Mauer wichtiger sein soll, als ein solches Gebäude, erschließt sich mir nicht.

  • Solbach, Albert
    July 20, 2020 um 4:49 pm

    Lieber Herr Benz, ja, Totalversagen eben. Niemand hat sich für dieses kulturhistorische Erbe interessiert. Während woanders selbst bedeutungslose Reste restauriert werden, um kulturhistorische Fragmente zu restaurieren und zu erhalten, geschieht dies in der Gemeinde Ruppichteroth eher selten bis gar nicht. Ich habe in den Ende 70ern auf Bitte eines Nachfahren einer der Pulvermühlenbetreiber in der Gemeinde Ruppichteroth viele verfügbaren Quellen recherchiert.

    Als in den 80ern das Fachwerkgebäude zu der Pulvermühle unter Denkmalschutz gestellt wurde, aber die eigentliche Mühle nicht, war ich fassungslos. Wie kann man so mit seinen (wenigen) Schätzchen umgehen? Die Gemeinde als untere Denkmalschutzbehörde war zuständig. Nicht der LVR oder wer anders. Ich halte die neuerdings in die Öffentlichkeit gestellten Äußerungen für reine Schutzbehauptungen. Sorry.

    Man hat schon vor dreißig Jahren, spätestens seit dem die Mühle in den Besitz der Gemeinde übergegangen war, Vorkehrungen gegen den weiteren Verfall (z.B. provisorisches Überdach usw.) nicht vollzogen und dem Verfall sehenden Auges zugesehen. Aber, wir haben soviele Denkmäler. Die verantwortlichen Politiker, die das notwendige Geschehen spätestens seit Erwerb der Mühle in der Hand hatten, sollten sich fragen, ob das bisher zur Rettung Unterbliebene wirklich richtig war. Stattdessen wird für eine historisch unbedeutende Mauer in der Burgstraße eine halbe Mio. ausgegeben. Man fasst sich an den Kopf.

  • H. Benz
    July 17, 2020 um 2:19 pm

    Ein paar Hinweise zur Geschichte: Das Haus, an dem sich die Jahreszahl "1725" findet, war nicht das Wohnhaus des Betreibers der Pulvermühle. Peter Unger, der 1769 Magdalene Thienes geheiratet hatte, wohnte in Niederpropach - war also ein "Berufspendler" des 18. Jahrhunderts. Die Mühle war zu klein, um das Paar und ihre acht Kinder beherbergen zu können. Sein Sohn Bertram, der 1803 Gertrud Schmidt ehelichte, folgte ihm als "Pulverfabrikant" nach. Ungers waren evangelisch, ebenso wie Rödders (mit zwei "d"), die ihnen als Betreiber der Mühle folgen sollten. Die Informationen, die der LVR, hier wie zu anderen historischen Gebäuden bietet, bewegen sich leider meist auf Internet-"Niveau". Erfreulich, daß die Pulvermühle wieder im Focus einer Berichterstattung steht. Der Bürgerverein hatte sich ihrer in seinem "Jahresheft 2005/06" (S. 74-82) angenommen. Wer die dort abgedruckten Bilder mit dem Ist-Zustand vergleicht, dem kommen die Tränen - ob vor Rührung oder Ärger mag Jeder selbst entscheiden ...

  • Solbach, Albert
    July 16, 2020 um 1:44 pm

    Das Thema Pulvermühle ist ein erschreckendes Beispiel, wie mit historischen Kulturgütern in der Gemeinde umgegangen wurde. Laut Mitteilung des LVR ist und war die Gemeinde als untere Denkmalschutzbehörde für die Klassifizierung von Denkmälern vollumfänglich zuständig. Im Gegensatz zu einer historisch unbedeutenden, hundert Jahre alte Mauer in der Burgstraße, die nun für eine halbe Mio. restauriert wird und unter Denkmalschutz steht (im Gegensatz zu der Pulvermühle). Noch nicht einmal durch einen provisorischen Überbau über der Pulvermühle, wurde der Schutz vor weiterem Verfall vorgenommen. Unglaublich.

    Man konnte dem Verfall dieses historischen Kulturgutes zuschauen. Nun ist es fast zu spät! Es wäre unverantwortlich, dieses Kulturgut nicht zu retten. Die Gemeinde Windeck war da schlauer. Mit massiven Landesmitteln wurde ihre Pulvermühle, die weit historisch wertvoll ist, schon vor vielen, vielen Jahren gerettet und zum Touristenhotspot aufgewertet. Liebe verantwortlichen Politiker. Egal, in welcher Form, retten Sie die Pulvermühle.

  • Ralph Müller
    July 16, 2020 um 9:42 am

    Ich glaube das gleicht eher einem über Jahre in Kauf genommenen Totalschaden, die wohl den Kostenrahmen mehr als sprengen werden. Aber das ist ja nichts neues. Andere Gemeinden bekommen das ja auch mit Fördermitteln gestemmt. Besser hier in der Gemeinde wie noch mehr Gelder rund um Berlin zu versenken. Die können ja die Steine mit nach Herrenbröl nehmen und da dann mal für ein vernünftiges Erscheinungsbild mit Wasserkraftenergie sorgen. Der Graben ist doch da auch noch vorhanden. Da scheint es ja wohl die gleichen Totalschadenprobleme über Jahre zu geben, die aber immer sehr schön von den Bürgern der Gemeinde in Ordnung gehalten werden. Sonst würde es da nämlich genau so aussehen wie an der Pulvermühle!

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