Donnerstag, 29. Mai 2008, 19:00 Uhr: 13 unbescholtene Jugendliche aus der A- und B-Jugend des Bröltaler SC betreten den Sicherheitstrakt der Justizvollzugsanstalt Siegburg. Personalausweise werden kontrolliert, Handys und Wertsachen in einem Schließfach untergebracht. Nur die Sporttaschen dürfen mit hineingetragen werden.
Zwischen meterhohen mit Klingendraht umsäumten Mauern und altem Backstein geht es zum Sportplatz. An den Gitterstäben vor den Fenstern stehen Insassen, neugierig wird das Schauspiel beäugt. Man knüpft erste Kontakte, reicht sich die Hand, begrüßt sich. Manche Jugendliche entsprechen den üblichen Klischees, der Großteil wirkt jedoch "ganz normal". Es wird in die zur Umkleide umfunktionierten Sporthalle eingetreten. Nachdem die Trikots angezogen sind, ruft Trainer Werner Schmitt die mannschaft zusammen. Er macht die Aufstellung und betont, dass keine Neckigkeiten geduldet werden - absolute Fairness ist angesagt.
Es geht raus auf den Sportplatz, eine Tartan-Oberfläche, die für Ascheplatztreter aus dem Bröltal äußerst gewöhungsbedürftig ist. Nach einer kurzen Aufwärmphase stellen sich beide Mannschaften zum Sportgruß auf, nochmal gibt man sich die Hände - im normalen Saisonbetrieb keineswegs üblich. Auch der rüstige Schiedsrichter begrüßt die Teams und lobt die Besucher, dass sie so rege zum Freundschafftsspiel erschienen sind. Der Spaß am Spiel soll im Mittelpunkt stehen, trotzdem weist er mit einem Lächeln darauf hin, dass bisher erst eine Mannschaft aus der Regionaliga gegen die Kicker aus dem Knast gewonnen hat. Bei der A-Jugend des Bröltaler SC, die mit einem letzten Platz in der Normalstaffel die Meisterschaft abgeschlossen hat, entwickelt sich eine David gegen Goliath-Mentalität.
Anpfiff. Unerwartet halten die Bröltaler bis zur 20. Minute das 0:0. Trotz einiger Chancen hält der Bröltaler Torwart den Kasten dicht. Doch bei schnellem Passspiel zeigen sich die Stärken der JVA-Mannschaft, im Nu stehen sie am 16er und preschen den Ball mit voller Wucht ins Eckige. Kurz danach fällt das 2:0 nach ähnlichem Muster. Halbzeit. Beide Teams lassen sich auf einem Grünstreifen am Rande des Spielfelds nieder. Mittlerweile tauchen immer mehr Jugendliche auf, um das Spiel zu verfolgen. Es kommt ein wenig Stadionatmosphäre auf, aus den Häusern rund um den Platz erhallen immer wieder Zurufe. In der zweiten Halbzeit wird der BSC offensiver, die Schüsse gehen jedoch meist am Tor vorbei, die JVA hingegen netzt noch 3 weitere Bälle ein. Abpfiff.
Man verbaschiedet sich wieder. Der Schiedsrichter dankt für das faire Spiel, trotz eines klaren 5:0 scheint es keinen Verlierer zu geben - schließlich stand der Spaß im Vordergrund. Die Equipes boten einige fußballerische Raffinessen, aber auch so manche Stolperei. Das wertvollste waren wohl die Erfahrungen, die gemacht wurden. Die Einen erlebten eine Horizonterweiterung, die Anderen die sogenannte Resozialisierungsmaßnahme.
Der Gefängniskomplex wurde im Jahre 1886 als königlich-preußische Strafanstalt eröffnet. Dazu wurden zunächst Gebäude der Abtei auf dem Michaelsberg umgebaut, die dann zwischen 1889 und 1891 um einen Zellentrakt erweitert wurden. 1896 kam es auf Betreiben des Leiters des preußischen Gefängniswesens, Geheimrat Carl Krohne, zu einem Neubau auf dem heutigen Gelände.
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