Es ist 1992: Das ehemalige Jugoslawien zerfällt in einzelne Staaten, es gibt Aufstände. Das Militär kämpft gegen die eigene Bevölkerung. "Das war nicht mehr das Land, in dem ich geboren wurde", sagt Serbo Adrovic (53). Er fasst den Entschluss zu flüchten, bei einem Bekannten leiht er sich dafür 1000 D-Mark. Mit nur einem Hemd, einer Hose und einem Rasierer kommt er ins Rheinland. Heute betreibt er mit seiner Familie das Restaurant "Krone" in Winterscheid - das machte ihn sogar zum Ehrensenator des Wöngteschter Fastelovendvereins.
Damals konnte er kein Wort Deutsch, arbeitete in einer Blumentopffabrik, half in einer Autowerkstatt aus, pflegte Tennisplätze und schleppte in einem Getränkehandel Kisten. "Zeitweise hatte ich vier Jobs gleichzeitig", erzählt Serbo Adrovic. Als seine finanzielle Lage stabil war, holte er seine Frau Zekija (50) und seine Kinder nach Deutschland. Foto: Serbo und Zekija Androvic vor der "Krone" in Winterscheid
Ende der 90er begann er eine Ausbildung zum Restaurantfachmann. "Der Chef merkte, dass ich ein Händchen dafür hatte", sagt Adrovic. Deshalb legte er auch gleich die Prüfung für Ausbilder ab. 2001 wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit und mietete den Bürgerhof in St. Augustin. "Das Lokal war heruntergewirtschaftet, aber günstig", erzählt er. Viel Geld konnte er nicht investieren, deshalb packten Familie und Freunde mit an. Seine Mühen lohnten sich: Das Restaurant sah gut aus, das Essen schmeckte, die Gäste kamen.
Die "Krone" in Winterscheid entdeckte er 2010 durch Zufall. "Ich wollte immer ein eigenes Restaurant haben", erzählt Serbo Adrovic. Dafür musste sie all ihr Erspartes zusammenkratzen und auch Teile der Bürgerhof-Einrichtung verkaufen. Denn auch in das alte Fachwerk in Winterscheid musste viel reingesteckt werden: Die maroden Holzböden wichen Fliesen und Fußbodenheizung, Gaststätte und Hotelzimmer wurden renoviert, das Inventar komplett erneuert. Ebenso wie Terrasse und Saal. Zwei Monate werkelten die Adrovics, dann strahlte auch die Fassade in frischem Orange. "Mut Durchzuhalten machten uns immer wieder die Winterscheider", erinnert sich Serbo Adrovic.
"Wir haben zwischen vielen Kulturen gelebt, aber hier fühlen wir uns zu Hause", sind sich Chefköchin Zekija und Serbo Adrovic einig. Der Wöngteschter Fastelovendsverein ernannte ihm zum Ehrensenator, für den ist die "Krone" das Stammlokal, in dem auch die Vereinsfahne hängt. Das spiegelt sich auch in der internationalen Speisekarte wieder: Neben traditionellen Balkan-Gerichten wie Cevapcici und deftigem Grillteller gibt es auch einfach Schnitzel. Manches stammt sogar noch aus seiner Lehrzeit, wie der "Feurige Jakob" mit Schweinerückstensteack, Pfefferrahmsoße und Prinzessböhnchen. Den Namen dachte sich damals sein Ausbilder aus.
Dass sein Arbeitstag 16 Stunden hat, lässt ihn manchmal an seinem Beruf Zweifeln. "Das ist eigentlich der schlimmste Job, den es gibt", sagt er. Auf der anderen Seite mach es dann wieder Spaß, Menschen zu bewirten, zu schäkern und auch mal ein Bier mitzutrinken.
Geöffnet hat das Hotel und Restaurant "Zur Krone" Dienstag bis Freitag von 17 bis 23 Uhr, Samstags ab 11:30 Uhr und Sonntags schon ab 10 Uhr. Vom 28. bis 30. September ist Schlachtfest, vom 5. bis 14. Oktober gibt es bayrische Spezialitäten.
Surftipp: www.zurkrone-winterscheid.de
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