Von Johannes-Nicolas Ottersbach
Wenn ich mich an meine Kindheit erinnere, weiß ich noch ganz genau, was ich immer werden wollte. Astronaut, Journalist oder Feuerwehrmann. Irgendwann merkte ich, dass das mit dem Weltraumflug wohl nichts werden würde. Die meisten wissen, statt für die Feuerwehr entschied ich mich fürs Schreiben.
Beim Kinderkarneval in der Bröltalhalle vergangenen Sonntag zählte ich mehr als ein Dutzend kleine Feuerwehrmänner und -frauen, die mit Plastikhelm und kleiner Wasserspritze durch die Gegend rannten. Ich fragte mich, warum das so ein Traumberuf ist. Sein Leben aufs Spiel zu setzen für jemanden, den man oft gar nicht kennt. Leid und Elend zu sehen. Rund um die Uhr in Alarmbereitschaft zu sein. Sich durch Leistungsprüfungen quälen. Körper und Geist über die Belastungsgrenze strapazieren. Das konnte es nicht sein.
Jeder verbindet mit der Feuerwehr eine ehrenvolle Aufgabe, das begreifen selbst schon die Kleinsten. Beim Feuerwehrfest strahlen stets die Kinderaugen, wenn die imposanten Wehrleute mit ihrer Einsatzkleidung in das Feuerwehrauto steigen. Sie sehen zu diesen Helden auf. Das sind ihre Vorbilder.
Auch wenn das in keinem Gesetz geschrieben steht, ein Feuerwehrmann befolgt auch immer einen Ehrenkodex. Kameradschaft, selbstloser Einsatz, Verantwortung für sich und seine Mitmenschen. Das sind Tugenden, die nicht jeder befolgt, die Wehrleute aber gewiss. Gerade jetzt wird uns Ruppichterothern klar, wie selbstverständlich wir die Ehrenamtlichen von der Feuerwehr immer angesehen haben. Auf einmal sind sie weg. 32 Männer und Frauen schmeißen die Brocken hin.
Die Bürger durchfahren Wut, Unverständnis, Ratlosigkeit und Angst. Egal, wer nun Schuld daran hat. Warum mehr als die Hälfte des Ruppichterother Löschzugs inklusive der kompletten Löschzugführung das getan haben, ist sicherlich wichtig. Aber doch nur Nebensache. Denn wenn man ein Ehrenamt übernimmt, macht man das aus Überzeugung. Ob man Blutspende-Helfer, Jugend-Fußballtrainer oder Arzt in Krisenregionen ist. Diese 32 Menschen sind nicht in die Feuerwehr eingetreten, weil sie irgendwann mal irgendeinen Wehrführer mochten. Deshalb sollten sie auch nicht austreten, wenn sie sich mit ihm zerstreiten.
Und was passiert, wenn Wehrführer Claus Müller zurücktritt? Vielleicht kommt dann ein Wehrführer, den alle gut finden. Der wie Müller einstimmig auf einer Dienstversammlung bestätigt wird. Und in zwei Jahren stellt sich dann heraus, dass er doch nicht die richtige Wahl war. Steht Ruppichteroth dann wieder ohne Feuerwehr da? Die acht Führungskräfte haben mit ihrem Rücktritt bewiesen, dass sie nicht als Führungskräfte geeignet sind. Sie tragen diesen lange schwelenden Streit auf dem Rücken der Bevölkerung aus. Sie hatten die Macht, einen ganzen Löschzug lahmzulegen. Aber ihnen fehlte das Verantwortungsgefühl, diese Macht nicht zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen.
Probleme sind da, um gelöst zu werden. Was ist nur aus den Wehrleuten geworden, die immer angepackt haben. Ihr seid nicht zufrieden mit der Situation, also ändert sie. So wie ihr schon unzählige aussichtslose Situationen gemeistert habt. Ihr habt mit Tränen in den Augen eure Einsatzkleidung abgegeben. Bei Facebook schreibt ein Angehöriger, dass ihn das alles unglaublich traurig macht. Andere schreiben, dass sie ihre tapferen Wehrmänner zurückhaben wollen. Keiner ist glücklich.
Es mag sein, dass in der Vergangenheit einiges schiefgelaufen ist. Bürgermeister und Wehrführer hätten früher den Ernst der Lage erkennen müssen. Die acht Führungskräfte hätten niemals zurücktreten und ihre Kameraden dadurch dazu bewegen dürfen, ihnen zu folgen.
Wenn es mit dem Winterscheider Löschzug keine Probleme gibt, müssen ja wohl auch die Ruppichterother Wehrleute nicht frei von Schuld sein. Jeder muss vor seiner eigenen Haustür kehren und nicht mit dem Finger auf andere zeigen.
Wenns brannte, hat die Feuerwehr immer gelöscht. Löscht endlich die Feuer, die in euren Reihen brennen. Vergesst verletzte Eitelkeiten. Ehemalige Führungskräfte, beendet diese hinterhältige Schlammschlacht. Setzt euch alle an einen Tisch, Bürgermeister, Wehrführer, die 32 Ausgetretenen und Verbliebenen der gesamten Freiwilligen Feuerwehr Ruppichteroth. Ladet euch eine neutrale Person ein, die die Lage aus der Distanz bewerten kann. Macht endlich klar Schiff und versteckt euch nicht.
Ich danke den Ausgetretenen für ihren langjährigen ehrenamtlichen Einsatz. Noch viel mehr danke ich den verbliebenen Feuerwehrleuten aus Ruppichteroth und Winterscheid, die uns jetzt zur Seite stehen. Das gilt auch für all die unzähligen Feuerwehrleute der umliegenden Kommunen, die uns im hoffentlich nicht eintretenden Notfall zur Hilfe eilen werden.
Und wenn ich ehrlich bin, möchte ich auch heute noch ein Feuerwehrmann sein.
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