Im Prozess gegen den 75-jährigen Rentner aus Much, der im Februar in Stranzenbach bei Ruppichteroth auf einen mutmaßlichen Einbrecher geschossen haben soll, haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Plädoyers gehalten. Foto: Der Angeklagte im Saal des Bonner Landgerichts [Nicolas Ottersbach]
Während die Anklage von einem versuchten Totschlag ausgeht und eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten fordert, plädiert die Verteidigung für eine mildere Strafe von rund vier Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung.
Schüsse am Waldrand
Am Morgen des 20. Februar löste eine Wildkamera auf dem abgelegenen Grundstück des Angeklagten Alarm aus. Auf dem Display seines Smartphones erkannte der Rentner erstmals keinen Vierbeiner, sondern einen Einbrecher, der am Wohnwagen des Seniors zugange war. Anstatt die Polizei zu rufen, fuhr der 75-Jährige mit einer Pistole bewaffnet zum Tatort. Dort eröffnete er unmittelbar das Feuer.
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft zielte er nicht auf die Beine, sondern auf den Oberkörper des 24-jährigen Einbrechers. Zehn Schüsse gab er insgesamt ab, zwei davon trafen den Mann in den Rücken. Trotz schwerer Verletzungen konnte das Opfer zunächst fliehen, wurde jedoch wenig später vom Angeklagten mit dem Auto verfolgt und gestellt.
Brutale Attacke
Die Anklage beschreibt eine besonders brutale Szene: Auch nachdem der 24-Jährige blutend am Boden lag, habe der Senior weiter auf ihn eingeschlagen: mit Fäusten und mit dem Kolben der Waffe. Erst das Eingreifen zweier Passanten beendete den Angriff. Für die Staatsanwältin ist klar: „Er hat sofort geschossen.“ Aus ihrer Sicht wollte der Angeklagte den Einbrecher töten. Der Verteidiger hingegen hält die Darstellung für überzogen. Sein Mandant habe nur auf die Beine gezielt, die Schüsse in den Rücken könnten durch eine unglückliche Bewegung des Flüchtenden verursacht worden sein. Die Tat sei zwar nicht zu bestreiten, aber als gefährliche Körperverletzung zu werten.
Illegales Waffenarsenal entdeckt
Besonders belastend ist der Fund eines umfangreichen Waffenlagers. Ermittler stellten beim Angeklagten mehr als 20 Schusswaffen sicher, darunter auch zwei Maschinengewehre, die dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegen. Für keine der Waffen hatte der Rentner eine Erlaubnis. Die Staatsanwältin sprach von einem „Waffennarren“. Der Senior hingegen erklärte, er habe die Waffen größtenteils geschenkt bekommen und teilweise sogar vergessen.
Urteil am Freitag
Ob der 75-Jährige wegen versuchten Totschlags oder wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt wird, entscheidet das Bonner Landgericht am Freitag. Der Rentner sitzt seit der Tat im Februar in Untersuchungshaft.
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