Die katholische Kirche in Ruppichteroth hat ein Stück Geschichte zurückbekommen: In den vergangenen Wochen hat die Tischlerei Bestgen das große Holzkreuz restauriert. Für Inhaber Kai Reinl war es ein besonderer Auftrag, sowohl fachlich als auch persönlich. Fotos: Die Arbeiten am 240 Jahre alten Kreuz [Nicolas Ottersbach]
Der ungewöhnliche Moment des Abhängens Bevor die eigentliche Arbeit beginnen konnte, musste der fast lebensgroße Korpus von Jesus vom Kreuz genommen werden. „Ihn abzuhängen war für mich, obwohl ich jetzt nicht wirklich ein gläubiger Christ bin, ein ungewöhnliches Gefühl. Das haben wir sehr respektvoll gemacht, und mit ein bisschen Demut“, sagt Reinl.
Bereits vor einigen Jahren hatten Reinl und seine Angestellten an der Kirche einige Holzteile restauriert. Nun kam er durch eine Anfrage an mehrere örtliche Schreiner erneut ins Spiel. „Ich fand die Anfrage von Anfang an hochinteressant, weil sie zu der gewünschten Neuausrichtung unseres Betriebes passt. Wir konzentrieren uns mehr auf Restauration und Denkmalschutz“, erklärt er.
Erste Einblicke beim Familiensonntag
Noch vor der Werkstattarbeit präsentierte Reinl das Kreuz beim Bröltaler Familiensonntag. Dort demonstrierte er den Besucherinnen und Besuchern, wie alte Farbschichten vorsichtig abgetragen werden. So konnte die Öffentlichkeit bereits einen Eindruck vom Handwerk hinter der Restaurierung gewinnen.
Zustand war besser, als erwartet
Das Kreuz selbst trägt eine Jahreszahl: 1786. „Der Zustand war eigentlich besser, als wir es erwartet haben. Die letzte Restauration müsste etwa 30 Jahre her sein. In jedem Fall ist nicht immer fachlich korrekt gearbeitet worden. Es sind falsche Spachtel- und Holzersatzmassen benutzt worden, die teilweise stark abgeplatzt waren“, so Reinl. Unter den ungeeigneten Materialien sei die Substanz jedoch weitgehend in Ordnung gewesen. „Wir haben einiges ersetzen müssen, aber nicht sehr umfangreich. Damit war die Hauptarbeit abschleifen, sauber machen, neu streichen und neu ausmalen.“ Der Fuß des Kreuzes musste dennoch komplett nachgearbeitet werden. Dafür kam ein mehr als Hundert Jahre Eichenbalken zum Einsatz, der schon Jahrzehnte in der Tischlerei liegt. “Das war das perfekte Holz", sagt Reinl.
Die größte Schwierigkeit lag am Ende weniger am Material als am Wetter. „Das Wetter wurde so schlecht, dass wir mit dem Kreuz von unserem Zelt, das wir aufgebaut hatten, in die Werkstatt umgezogen sind und im Sommer den Ofen angemacht haben, damit die Farben trocknen. Das war eigentlich fast die größte Tücke, damit wir den Termin halten können.“
Ein Schreinerleben stolz darauf
Für Reinl war das Kreuz ein herausragender Auftrag. „Das ist als Schreinerarbeit schon etwas ganz Besonderes. Es ist das älteste Objekt, das wir jemals bearbeitet haben, und hat uns ganz viel Freude gemacht.“ Stolz ist er darauf, dass sein Sohn maßgeblich mitgewirkt hat: „Er hat alles ausgemalt.“ Dabei mussten mehrfach die Farben angemischt werden, bis die originalen Töne, die unter dicker, alter Farbe schlummerten, erreicht waren. So taucht beispielsweise auch das Ochsenblutrot wieder auf, dass schon die Fensterläden von St. Severin schmückt.
Kai Reinl hofft nun auf weitere Aufträge in der Denkmalpflege. „Das sind Arbeiten, da kann man ein Schreinerleben von erzählen." Wer ihn mal am Kreuz von St. Severin trifft, wird ihm sicher etwas Interessantes entlocken können.
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