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Alt-Katholiken in Stranzenbach: "Insel des Glaubens"

Von Nicolas Ottersbach | | Magazin

Wenn Michael Schenk in der Kapelle St. Mariä Begegnung predigt, steht er nur wenige Meter vor den Gläubigen. Die Klappstuhlreihen stehen eng beieinander, so haben 25 Leute Platz. Die Hände stützt Schenk auf einer 22 Millionen Jahre alten Steinplatte ab, die mal ein Baumstamm war. "Das erdet", sagt er. Eine pragmatische Einstellung. Aber was würde man auch anderes von einem Pfarrer erwarten, der ein Silo zu einer Kapelle umgebaut hat? Fotos: Der Hof "Ain Karem" in Stranzenbach [Nicolas Ottersbach]

Der Stranzebacher Therapie- und Exerzitienhof "Ain Karem" - was auf hebräisch so viel wie Weinberg heißt - wird von den Ruppichterothern kaum beachtet und ist doch in der ganzen Region bekannt. Hier leben Alt-Katholiken ihren Glauben, kommen aus Troisdorf, Aachen und sogar dem Ruhrgebiet zu den Messen. "Ich hatte immer die Vision, auch auf dem Land  eine Insel des Glaubens zu haben."

Der alte Bauernhof, der zum Bonner Bistum gehört, bot sich dafür an: Neben der Silo-Kapelle gibt es dort nach dem Umbau mehrere Wohnungen, in denen Junge und Alte zusammenleben. Die Kosten des Hofes werden durch Mieteinnahmen gedeckt. Für Seminare hat Schenk mehrere Gästezimmer eingerichtet, demnächst will er auch die Scheune ausbauen.

Vom Katholiken zum Alt-Katholiken

Schenk feierte vor drei Wochen sein 20. Priesterjubiläum mit einem ökumenischen Gottesdienst in der evangelischen Kirche in Ruppichteroth. Er hat eine verworrene Glaubengeschichte hinter sich, denn anfangs gehörte er noch nicht der alt-katholischen Kirche an. Als Jugendlicher machte er im Geschäft seines Vaters eine kaufmännische Ausbildung, holte dann sein Abitur nach und studierte Theologie. "Ich wollte mit Menschen zusammen sein und den Glauben feiern", erzählt der 49-Jährige. Schließlich wurde er im Kölner Dom zum Priester geweiht.

2001 erkrankte er so schwer, dass er sein Amt nicht mehr ausüben konnte. Für ihn musste sich etwas ändern, er machte sich als Psychotherapeut selbstständig. "In dieser Zeit wurde mir klar, dass die römisch-katholische Kirche nicht mehr zu mir passte", sagt Schenk. Er suchte eine offenere Auslegung des Glaubens. Bei den Alt-Katholiken fand er ein neues zu Hause, 2008 konvertierte er. Vier Jahre später wurde er Leiter der Bonner Namen-Jesu-Kirche. Und begann später damit, den Hof in Stranzenbach aufzubauen.

Moderne Alt-Katholiken

Was der Name zunächst nicht vermuten lässt: Die altkatholische Kirche ist ziemlich modern. Frauen können Priester werden, homosexuelle Paare erhalten den Ehesegen. Es gibt kein Zölibat: Priester können heiraten, eine Familie gründen und Kinder haben. Der Bischof wird von der Synode gewählt, der Pfarrer von der Gemeindeversammlung. Und zwar ziemlich demokratisch, denn die Ämter können auch abgewählt werden.

Über sich selbst sagen die Alt-Katholiken, dass sie sich an der "alten Kirche, an den Ursprüngen des Christentums orientieren". Also versuchen, die Bibel so ursprünglich wie möglich auszulegen. Abgespalten haben sich die Alt-Katholiken nach dem ersten vatikanischen Konzil von 1870. Katholiken, die die Beschlüsse des Konzils nicht anerkannten, gründeten die neue Kirche. Im Kern ging es um zwei Dogmen, die sie ablehnten: Zum einen, dass der Papst die volle und oberste Rechtsbefugnis hat. Zum anderen, dass er als Oberhaupt unfehlbar ist, also keine Fehler in Glaubens- und Sittenfragen macht.

Das spaltet die beiden Glaubensrichtungen auch heute noch.

Schenk legt Wert darauf, neben dem spirituellen Schwerpunkt auch einen psychotherapeutischen zu haben. Deshalb hat er auf dem Hof seine Praxis, in der er sich der therapeutischen Arbeit widmet. "Das ist genau das, was die Menschen heutzutage brauchen."

Am Sonntag, 2. Juli, feiern die evangelische Kirchengemeinde Ruppichteroth und die alt-katholische Kapelle St. Mariä Begegnung eine ökumenische Eucharistiefeier auf dem Hof "Ain Karem" in Stranzenbach. Beginn ist um 11 Uhr, Zum Weiher 8. Anschließend sind die Gäste zu einem geselligen Beisammensein eingeladen.

Kommentare

  • Horst Alenfelder
    July 9, 2017 um 9:34 pm

    Ich war bei der ökumenischen Feier letztes Wochenende dabei. Eine tolle Predigt von Herrn Neuhaus. Einfach eine wunderbare Gemeinschaft und ein tolles Fest.

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