Der Schönenberger Michael Reschowski ist einer von Tausenden Besuchern gewesen, die das Unwetter von Rock am Ring miterlebt haben. Durch einen Blitzschlag wurden Dutzende Menschen verletzt, Zelte standen unter Wasser. Dennoch ist er der Meinung, dass das Festival nicht hätte abgebrochen werden müssen. "Es war das berühmte Ringwetter, das leider Verletzte gefordert hat", sagt Reschwoski. Seine Erlebnisse hat er in einem Bericht niedergeschrieben. Foto: Das Unwetter bei Rock am Ring zieht auf (Michael Reschowski)
"Mensch, da haben wir ja doch nochmal Glück mit dem Wetter gehabt", sagt ich zur meiner Gruppe, als wir vor der Bühne unter Sonnenschein und Wolken freiem Himmel stehen. Dass sich das Wetter jedoch in nicht mal 60 Minuten schlagartig ändern wird, ahnt noch keiner. Die Metal-Band "Disturbed" beendet ihren Auftritt, die Komiker Joko und Klaas betreten die Bühne. Die wird danach für die nächste Band "Tenacious D" umgebaut. Geplant ist der Auftritt für 19:50 Uhr, jedoch bleibt die Bühne nach 20 Minuten Verspätung immer noch leer. Einzig die Rowdies bleiben stehen und schauen sich ratlos an.
Doch dann: Ein Intro. "Nun geht es endlich los", denke ich mir. Tenacious D kommt aber weiterhin nicht, selbst nachdem das Intro abgelaufen ist. "Lassen sie uns solange warten nur um uns zu quälen? Es würde zu Jack Black passen", denke ich mir. Allerdings weiß ich was die Ursache ist, als ich mich umdrehe und Donner höre. Mitarbeiter steigen von den Kamera- und Lichttürmen herab. Wir wissen alle was als nächstes kommt.
"Liebe Besucher, ein Unwetter mit Gefahr von Blitzeinschlägen steht bevor. Bitte haltet euch von metallischen Gegenständen fern." Diese Durchsage erschallt viermal. Das klicken und piepsen vom Funkgerät, ähnlich wie man es von der Polizei kennt, macht die Situation ernst und angespannt. Die Gesichter um mich herum werden Ernst und es sehr still. Niemand sagt mehr irgendwas. Jetzt weiß auch keiner mehr, was als nächstes passiert.
Spielt die Band weiter? Sollen wir den Bühnenbereich verlassen? Davon ist bis jetzt noch nicht die Rede, doch dann: "Das Programm wird bis nach dem Unwetter unterbrochen, bitte geht zurück zu euren Zeltplätzen." Alles bewegt sich, alle Besucher entfernen sich von der Bühne und suchen Schutz. Meine Gruppe und ich machen uns auf den Weg ins "Alternatent", ein großes Zelt in der ebenfalls eine Bühne steht.
Wir schaffen es jedoch nicht rechtzeitig, es fängt an sehr stark zu regnen. Und der Blitz, über den später alle berichten und der viele Verletzte fordert, schlägt nicht weit von uns ein.
Innerhalb von paar Sekunden sind wir alle komplett durchnässt und nach etwa drei Minuten im Zelt angekommen. Alle Eingänge werden geöffnet, von allen Seiten strömen die Besucher rein. Es ist aber nicht eng oder überfüllt. Das Unwetter dauert etwa zehn Minuten, danach regnet es nur noch leicht - bis es nach 40 Minuten komplett aufhört. In der Zeit warten wir im Zelt, die Massen singen, um die gute Stimmung aufrecht zu erhalten. Dann erst bekommen wir durch das Internet mit, des Verletzte gegeben hat. Foto: Im sicheren Zelt (Michael Reschowski)
Unsere Mienen werden ernst, wir haben das Gewitter unterschätzt. Glücklicherweise können wir schnell sicherstellen, dass es dem Rest unseres Camps ebenfalls gut geht und sich jeder in Sicherheit begeben konnte.
Nach etwa 90 Minuten wird das Bühnenprogramm fortgesetzt, ich bleibe bis 4 Uhr Nachts auf dem Gelände, bis die letzte Band ihren Auftritt beendet.
So erlebte also ich das plötzliche Unwetter. Allerdings möchte ich hierzu noch einige Anmerkungen anbringen. Seit 2011 besuche ich jedes Jahr Rock am Ring und bin jede Wetterlage gewohnt. 2011 kam am Samstagabend ebenfalls ein Unwetter auf, das meiner Meinung nach um einiges schlimmer war als dieses. Der Regen war stärker, das Donnern war lauter und hinter der Bühne hat es stark geblitzt. Die Band die ich mir damals ansah spielte weiter, die Fans blieben alle vor den Bühnen, unterbrochen worden ist nichts, es gab auch keine Ansagen. Die Zelte standen komplett unter Wasser, jeder hat am nächsten Tag seine Kleidung zum trocknen aufgehängt.
Ich möchte natürlich auch nicht die Zahl der Verletzten kleinreden, im Gegenteil. Es gab einen Blitzeinschlag, der Besucher sofort zu Boden brachte. Allerdings war die Wahrscheinlichkeit des Blitzeinschlags laut Wetterexperten so hoch wie die bei einem Sechser im Lotto.
Aber: Die Medien haben das Unwetter zu stark dramatisiert. Überall ging dieses Unwetter als Eilmeldung auf die Smartphones, in Fernsehen und Radio wurde es dramatisiert berichtet. Als erfahrener Festivalgänger kann ich allerdings nur sagen: Es war das ganz normale, berühmte "Ringwetter", das leider durch das immer bleibende Restrisiko eines Blitzeinschlags Verletzte gefordert hat. Aber dieses Risiko hat man immer, auf jeder Veranstaltung, sollen deswegen zukünftig alle Open Air Veranstaltungen abgesagt werden?
Kommentare
Kerstin W.
June 17, 2016 um 4:34 pm
Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich besuche seit 2006 Rock am Ring und habe auch schon mehrere Unwetter mit Starkregen, Sturmböen und Gewittern erlebt. Es ist zwar tragisch, wenn es dadurch Verletzte gibt, aber die Veranstalter haben während des Gewitters absolut richtig reagiert. Mehr Sicherheit gibt es nicht.
Bleibt von mir nur noch hinzuzufügen, dass durch die Berichterstattung der Medien unsere Handys heißgelaufen sind, da Familie und Freunde sich erkundigt haben, ob wir noch am Leben sind. Es ist verantwortungslos, Panik nach außerhalb zu verbreiten und Menschen mitten in der Nacht in Sorge zu versetzen!