Von der Burg Herrenbröl ist heute nur noch eine Ruine übrig. Wie der jahrhundertealte Adelssitz zu seinen besten Zeiten aussah, kann man jetzt im Schönenberger Rathaus sehen. Alois Müller, der schon die "Bergische Heimatkrippe" in Hambuchen modellierte, hat die Burg wieder aufgebaut: im Maßstab 1:33.
Zweieinhalb Jahre arbeitete der 76-Jährige an dem Modell, Unterstützung bekam er von Historiker Günther Benz und dem Vorsitzenden der Dorfgemeinschaft Herrenbröl, Heinz Dieter Keuenhof. "Ich wusste ja nicht genau, wie die Burg damals aussah", sagt Müller. Mit unzähligen Akten aus Archiven und der Hilfe des Europäischen Burgeninstituts in Overath machte der gelernte Werkzeugmacher zunächst Skizzen, dann genaue Pläne und ein Modell aus Wellpappe an. Das Trio saß oft stundenlang in Müller Werkstatt und diskutierte über den Nachbau. "Das hat uns zu Freunden werden lassen", sagt Keuenhof. So kam der Vorschlag von Benz, im Burghof einen Brunnen aufzustellen. Und die Idee, zur besseren Orientierung die angrenzende Brölstraße einzubeziehen. Am Hauptturm hängt sogar das Wappen der Familie von Scheidt, die bis 1662 die Burgherren waren.
Dr. Jens Friedhoff vom Burgeninstitut untersuchte Müllers Modell und bescheinigte ihm, dass Burg Herrenbröl im 17. Jahrhundert mit hoher Wahrscheinlichkeit so ausgesehen habe. Kleine Details weichen aber vom Original ab. In manchen Fenstern hat Müller die von Scheidts verewigt und die Fenster der katholischen Kirche in Ruppichteroth nachgemalt. Die stiftete damals die Adelsfamilie.
Manchmal raubte Alois Müller das Burgmodell den letzten Nerv: "Nicht nur einmal schrie ich ein heftiges Donnerkeil durch die Werkstatt", erzählt er. Problemzone war die Hausfassade, die nicht so richtig passte. Mühevoll klebte er für die Mauern echte Bruchsteine auf den Holz-Rohbau. Die faustgroßen Steine hatten Benz, Keuenhof und Müller am Haus Bröltal gesammelt, Müller brach sie auf millimeterdünne Scheibchen herunter. Auf gleiche Weise entstand das Steinpflaster, allerdings aus Baumrinde. Foto: Alois Müller und sein Burgmodell
Bei den Materialien nahm Müller das, was sich gerade anbot. Die Sperrholzplatten für das Grundgerüst fand er auf dem Sperrmüll, ebenso wie der Unterbau, der mal ein Schreibtisch war. Die Gitter vor den Fenster sind Zahnstocher, das Kreuz auf dem Dach des Turmes war mal ein großes Streichholz. Die rund 3000 Schindeln für das Dach schnitt er einzeln aus und rundete sie mit der Nagelschere ab. "Die Ruhe muss man erstmal haben", sagt Keuenhof. Müllers Geheimnis für die Arbeitslust: Seine Frau Vera Symanski brachte ihm täglich um 10:30 Uhr einen Cappuccino in die Werkstatt, wahlweise mit einer Banane oder Nussschokolade.
Wie akribisch das Burgmodell durchgeplant ist, zeigt sich an seinem Ausstellungsplatz vor dem Bürgerbüro im Rathaus: Der ungewöhnliche Maßstab 1:33 war notwendig, damit es genau in die Ecke passt. Das brachte aber Probleme mit sich: "Dafür gibt es kaum vorgefertigte Sachen aus dem Modellbau." Auch die Figuren wurden extra in diesem Maßstab angefertigt, im Zinnfigurenkabinett in Friedenthal von Schmied Wilfried Kirchner.
Bei der offiziellen Vorstellung des Burgmodells präsentierte Günther Benz' Sohn Hartmut die wechselhafte Geschichte der Burg Herrenböl. Gemeinsam erstellten sie ein Faltblatt, das es kostenlos zum Mitnehmen im Rathaus gibt. Auch die Nachfolger der ehemaligen Burgherren waren zu Gast und beeindruckt. Denn auch sie kannten ihr altes zu Hause nicht in dieser Form. Bürgermeister Mario Loskill lobte die Arbeit von Alois Müller, "die den Ruppichterothern ein Stück vergessene Geschichte erzählt".
Wechselnde Burgherren:
1417 wird erstmals ein "Weschpfenigh zu der Broell" urkundlich erwähnt. Er war namentlichen Burgherren war die Familie von Scheidt genannt Weschpfennig. Von einer Landkarte aus dem Jahre 1644 stammt die erste Zeichnung der Burg, darauf ist schon der Wetterhahn als Markierung für eine Hauskapelle zu erkennen. 1662 endeten mit dem Tod von Johann Betram die Geschicke der von Scheidts in Herrenbröl, Schwiegersohn Heinrich von Scharrenberg zu Hupertingen wurde Eigentümer. Schon 1724 wechselte die Burg wegen fehlender Nachkommen wieder die Familie, Burgherr wurde Max Anton von Neunkirchen genannt von Nievenheim.
An die Familie von Martial fiel die Burg 1770 durch die Heirat von Maria Carolina Franziska mit Carl Georg von Martial. 1787 verpfändeten sie den überschuldeten Besitz. Während der napoleonischen Feldzüge wurde Herrenbröl 1795 zerstört. 1833 wurde die Burg samt Ländereien versteigert, gelangte in Privatbesitz und wurde teilweise wieder aufgebaut. Bis in die 90er Jahre war die Burg mit ihren Anbauten noch bewohnt.
Wegen Einsturzgefährdung wurde sie 1994 abgerissen, seitdem gehört die denkmalgeschützte Ruine der Gemeinde Ruppichteroth. Um die Pflege kümmert sich die Dorfgemeinschaft Herrenbröl.
Kommentare
Brigitte Hofe
June 10, 2019 um 5:51 pm
Einfach herrlich und eine liebevolle Darstellung von dieser Wasserburg. Meine Mutter war eine geborene von Scheidt. Durch das Internet kann ich jetzt etwas bessere Ahnenforschung betreiben. Danke, dem leider verstorbenen Herrn Alois Müller.