Die Gemeinde Ruppichteroth könnte neben den Gemeindewerken ein weiteres Tochterunternehmen bekommen. Eine Entwicklungsgesellschaft soll Grundstücke erschließen und vermarkten. Foto: Die Ruppichterother Ortsmitte von oben. [broeltal.de]
Steigende Grundstückspreise in den benachbarten Städten des Rhein-Sieg-Kreises drängen Käufer immer stärker aufs Land. Diese Nachfrage merkt man auch in Ruppichteroth, sowohl bei Wohn- als auch bei Gewerbeflächen, nachdem die Bröltalgemeinde in den vergangenen Jahren kaum ein Käufer auf dem Schirm hatte. Doch die Verwaltung ist aus Sicht der CDU-Fraktion für diese Situation nicht aufgestellt: Es fehle nicht nur Personal im Rathaus, auch der Haushalt biete keinen Handlungsspielraum für Investitionen in Flächen. Das bestätigte Bürgermeister Mario Loskill: „Wenn wir eine eigene Entwicklungsgesellschaft gründen, können wir Projekte selbst in die Hand nehmen.“
Alle Fraktionen stimmen Antrag zu
Die Christdemokraten haben deshalb im Planungsausschuss vorgeschlagen, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft zu gründen, die sich ausschließlich um die Erschließung und Vermarktung von Grundstücken kümmert. Die Verwaltung soll laut des Antrags prüfen, inwieweit die bereits bestehenden Gemeindewerke Ruppichteroth, ebenfalls kommunales Unternehmen, bei dieser Aufgabe unterstützen können und ob die „Schaffung einer Tochter- oder Schwestergesellschaft der Gemeindewerke Ruppichteroth GmbH ein potenzieller Weg ist“.
Kritik an den Plänen der CDU gab es von SPD und Linkspartei. Sie befürchteten, dass durch eine gemeindeeigene Firma die Transparenz schlechter werde und womöglich Entscheidungsprozesse von Rat und Ausschüssen ausgehebelt würden. Laut Loskill sei dies unbegründet: Die Planungshoheit bleibe weiter bei den Gremien des Gemeinderates. Letztlich stimmten alle Fraktionen dem Antrag auf Prüfung zu, im Doppelhaushalt 2021/22 sind insgesamt 30.000 Euro dafür eingeplant.
Vier Aufgabenfelder für die Gesellschaft
Vier Themenfelder seien aus Sicht der CDU künftige Aufgabengebiete der Entwicklungsgesellschaft. So sei es beispielsweise noch nicht gelungen, für die Ruppichterother Ortsmitte an der Bröl ein schlüssiges Konzept zu entwickeln. Die Einzelinteressen der Eigentümer und die städtebaulichen Erfordernisse seien schwer zu vereinbaren. Dazu seien Fragen nach sinnvoller Verkehrsführung und Ausgleichsflächen zu lösen.
Weiterhin soll mehr Wohnraum geschaffen werden. „Mehrere potenzielle Flächen sind vorhanden, deren Eigentümer ihre Zustimmung zumindest signalisiert haben. Es gilt diese Flächen zu entwickeln. Weiterhin ist eine Sinnhaftigkeit zu prüfen, potenzielle Flächen zu erwerben, als Gemeinde zu entwickeln und zu veräußern“, heißt es im Antrag. Beim Gewerbe sei der Sachverhalt identisch. Es müsse dringend neue Gewerbeflächen entwickelt werden, um ortsansässigen Unternehmern Entwicklungspotentiale zu bieten und neue Unternehmen in die Gemeinde zu locken. So sei das Huwil-Werk 2 entweder eigenständig oder mit potenziellen Investoren umzugestalten.
Lückenbebauung als Abhilfe
Durch Lückenbebauung soll kurzfristig mehr Wohnraum entstehen. „Die CDU Ruppichteroth hält es für wichtig die Bebauungspläne sowohl der drei Zentralorte als auch die Satzungen der kleineren Ortslagen dahingehend zu prüfen, ob durch Lückenschlüsse oder Abrundungen der Baugrenzen weitere Bauflächen – insbesondere für junge Familien - generiert werden können."
Auch das Thema Smart City könnte die Tochtergesellschaft angehen. Es ist ein Sammelbegriff für gesamtheitliche Entwicklungskonzepte, die darauf abzielen, Städte effizienter, technologisch fortschrittlicher, grüner und sozial inklusiver zu gestalten. Dazu gehören technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Innovationen.
Korrektur: In einer ersten Version des Artikels stand, dass rund 90.000 für die Prüfung im Doppelhaushalt eingeplant sind. Das war falsch, es sind lediglich 30.000 Euro.
Kommentare
Albert Solbach
May 18, 2021 um 4:29 pm
Träumereien, die bereits schon einmal gescheitert sind. Eine Gesellschaft bedingt ein notwendiges Eigenkapital. Die Gemeinde ist doch faktisch konkurs, also woher nehmen? Ganz abgesehen davon, kann es nicht Ziel sein, die von vielen begehrte grüne Landschaft mit unsinnigen Gewerbegebieten (keine Autobahnanbindung und eine völlig überlastete B 478) und fragwürdigen Wohnprojekten weg-zu-betonieren. Jeden Tag werden in NRW ca. 10 Hektar Land "aufgefressen".
Natürlich muss in einem sinnvollen Verhältnis auch Wohnraum geschaffen werden. Wenn die Gemeinde nicht chronisch pleite wäre, könnte man unter bestimmten Umständen über ein Projekt (nicht auf Gewinne ausgerichtet!) nachdenken, in der die Gemeinde = Projekt bestehende Lücken und in gutem Verhältnis zu allen Belangen auch unter den Bedingungen angemesse Gebiete erwirbt und mit Rabatt an junge Familien weitergeben. Diese Verfahren gibt es zigmal in Deutschland. Aber wie soll das angesichts der katastrophalen Finanzlage der Gemeinde geschehen?
Die Einschaltung von Investoren (wie in Winterscheid-Nord z.B.) oder einer eigenen, auf Gewinn aus gerichteten Gesellschaft, verteuert die Grundstücke zu Lasten der jungen Familien. Wobei das mit den jungen Familien auch nicht immer ohne Eingriffsmöglichkeit funktioniert (siehe Winterscheid-Nord).
Also, zusammengenommen: Es gibt m. E. keine Möglichkeiten unter allen Aspekten (finanziellen, ökologischen und sozialen) in der Gemeinde Ruppichteroth. Diese muss sich endlich auf andere Ziele fokussieren. Vor Jahren waren gut ausgebaute und barrierefreie Wanderwege im Gespräch. Nichts draus geworden. Noch nicht einmal schafft es die Gemeinde, eine für die immer ältere- und damit inmobile- Gesellschaft die nötige Infrastruktur zu schaffen. Dann werden auch die, die es nicht beeinflussen können und sich ein Eigentum in der Gemeinde geschafft haben, in Zukunft mit absurden Grundsteuerbelastungen überschüttet.
Als Beispiel: Meine Eltern hatten in Bayern ein schönes Haus mit 1000 qm Grundstück. Dafür zahlten sie die Hälfte, als ich in Winterscheid für 560 qm. Im Zuge dieses kleinen Baugebietes wurden alle Straßen ohne Belastung für die Eigentümer ange- legt und auf beiden Seiten gibt es einen Bürgersteig (in Winterscheid-Nord müssen die zur Schule und Kindergarten gehenden Kinder bis dorthin ohne jeglichen auskommen, was bei der geplanten Verkehrsführung absolut gefährlich sein dürfte)! Auch gibt es dort keine einzige Straße, die so desolat ist, wie viele in der Gemeinde Ruppichteroth (entsprechende Beispiele in der Gemeinde würden den Rahmen sprengen).
Sophia
May 8, 2021 um 4:03 pm
Wie immer Schritt 2 (begrüßenswerte Schaffung von Wohnraum) vor Schritt 1. Nämlich einer ausreichenden Infrastruktur. Zum Beispiel Straßen ohne große Löcher, die auch noch breit genug sind, damit alle Verkehrsteilnehmer unfallfrei darauf unterwegs sein können (gerne auch mit Bürgersteigen). Von "Smart City" mal absolut zu schweigen. Das sehe ich hier nämlich weit und breit nicht.
Der Döörper Prätscher
April 30, 2021 um 9:29 am
Im Jahre 2007 erst wurde eine zu dem Zeitpunkt bereits bestehende Gemeindeentwicklungsgesellschaft Ruppichteroth mbH von der (Mehrheits-)Bröltalpartei wegen Erfolglosigkeit aufgelöst! Vielleicht können die beiden damaligen Liquidatoren und der damalige Bürgermeister mit ihrem Rat dabei helfen zu verhindern, nunmehr erneut Steuergelder zu verbrennen. Wahrscheinlich wird die "neue" Idee trotzdem realisiert werden u.a. bestimmt auch noch mit der Begründung, die verfallene Pulvermühlen-Ruine zu einem Wasserkraftwerk zu "entwickeln". Ist alles schon für Karneval notiert!
Der Döörper Prätscher
Ralph Müller
April 30, 2021 um 7:29 am
Man sollte an der Stelle auf jeden Fall die Preisflucht aus den Städten berücksichtigen. Wenn ich sehe das die neuen Grundstücke in Much Gippenstein innerhalb von 10 min alle reserviert waren, macht mich das doch sehr stutzig, das es hiesige kaum geschafft hatten ein Grundstück zu ergattern. Dann stehen die Pendler in der Zukunft nicht mehr in Bröl in der Autoschlange, sondern ab Ingersau. Also sollte man erst mal die fehlenden Arbeitsplätze/Angebote voranbringen, bevor sich die Unternehmen anderswo umsehen. Das ist in der Vergangenheit ja schon passiert. Werk 2 ist seit Jahren in falschen Händen. Da sollte man sich mal mit einem Investor drum kümmern, anstatt sich auf der grünen Wiese weiter auszubreiten und dann den Ausgleichsflächen hinterherjammern. Das passt nicht ganz...
Andrè Bänninger
April 29, 2021 um 6:33 pm
Na, ob das eine so gute Idee ist, möchte ich erstmal sehr stark bezweifeln.