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Wenn der Wirt an der Haustür klingelt

Von Nicolas Ottersbach | | Wirtschaft/Politik

Ruppicherother Gastronomen und Einzelhändlern brechen durch die Corona-Krise die Einnahmen weg. Aber sie sind erfinderisch und entdecken neue Geschäftsfelder. Foto: Wirt Christian Eggert serviert das Essen nicht mehr im Restaurant, sondern an der Haustür. [Nicolas Ottersbach]

An einem normalen Abend war im Wirtshaus an St. Severin die Kneipe voll, am Wochenende musste man sich oft einen Tisch reservieren, um im Restaurant essen zu können. Jetzt ist der Schankraum dicht. Die Rechnung für Wirt Christian Eggert ist einfach: Keine Kundschaft, keine Umsätze. "Ich habe aber nicht nur die Verantwortung meiner Familie gegenüber, ich muss auch meine Angestellten durchbringen", erzählt er. Jemanden zu entlassen - das wäre für ihn das Schlimmste.

Lieferdienst als Notlösung

Not macht aber auch erfinderisch. Und so fährt Eggert jetzt jeden Abend Essen aus. Sozusagen über Nacht ist das Wirtshaus zum Lieferdienst geworden. Die Speisekarte war schnell ins Internet gestellt, die Nachricht verbreitete sich. "Das was danach kommt ist aber schwieriger, als man sich das vorstellt", sagt Eggert. Denn künftig dürfe man in der Küche nicht mehr das abarbeiten, was nach und nach an Bestellungen hereinkomme. "Es gibt Kunden, die wollen das Essen sofort, manche in drei Stunden. Wer zu lange wartet oder es zu früh bekommt, ist unzufrieden." Als Wirt sei man zudem gewohnt, den direkten Kontakt zu den Menschen zu haben. "Jetzt müssen wir uns erst einmal daran gewöhnen, immer nach Name und Adresse zu fragen." Ob der Lieferdienst auch nach der Krise weiterläuft? "Eine Überlegung ist es wert, denn die Menschen bestellen bei uns."

Schaufenster Ruppichteroth gründet Jobbörse

Die Ruppichterother unterstützen sich gegenseitig. So bestellt Eggert viele seiner Lebensmittel beim Bio-Bauern Lukas Tölkes. Der Gewerbeverein Schaufenster Ruppichteroth würde gerne mehr solcher Kooperationen sehen. Deshalb hat man auf der eigenen Internetseite eine Jobbörse gegründet. "Um uns in dieser Zeit auch im geschäftlichen Bereich besser regional zu vernetzen", erklärt Vorsitzender Kai Reinl. Melden können sich dort Menschen, die Hilfe suchen oder auch Kapazitäten in ihrem Betrieb frei haben. "Aber über Gemeindegrenzen hinweg, schnell und unkompliziert." Als Aktion verteilt der Verein zudem kostenlose Bodenaufkleber, die in den Geschäften als Orientierung für das Abstandhalten dienen sollen.

Aufträge von Privaten brechen weg

Mit seiner Tischlerei Bestgen ist Reinl derzeit finanziell noch nicht so stark betroffen, wie viele andere lokale Firmen und Selbstständige. "Wir haben genug große Aufträge, mit denen wir die nächsten Wochen durchstehen können", erzählt er. Anders sieht es bei den Privatkunden aus, die beispielsweise neue Fenster und Türen in Auftrag geben. "Fast alle Termine zum Aufmaß werden abgesagt." Ein drastischer Einbruch, den man nicht ewig verkraften kann. "Je länger diese Situation andauert, desto mehr Unternehmer werden Pleite gehen, auch in Ruppichteroth", sagt Reinl. Da würden günstige Kredite nur bedingt helfen. "Die müssen ja auch irgendwann zurückgezahlt werden."

Beratung per Whatsapp

Klaus-Dieter Müller und sein Sohn Tobias, die das gleichnamige Elektrogeschäft leiten, setzen selbst ohne Laufkundschaft auf Beratung - wenn auch nicht so, wie man das bisher gewohnt war. Zwar ist der Laden noch betretbar, die Ausstellungfläche aber mit Flatterband abgesperrt. "Die Postfiliale im gleichen Gebäude darf weiter betrieben werden, mehr nicht. Wir erledigen jetzt viel telefonisch", erzählt Tobias Müller. Reparaturen sind weiterhin erlaubt, deshalb darf die Werkstatt auch geöffnet bleiben. "Unter strengen Hygienevorschriften kommen wir noch nach Hause." So können sich die Kunden die Produkte im Onlineshop angucken und liefern lassen - oder sogar per Whatsapp ordern.

Kommentare

  • S. Schrewe
    March 28, 2020 um 10:36 am

    Wirklich toll. Wir haben es letzte Woche auch schon getestet. Das Tolle bei der Selbstabholung ist, dass man feste Zeiten mitgeteilt bekommt, damit man draußen nicht mit anderen Menschen in Kontakt kommt. Perfekt zusammengestellte, genau auf dieses Verfahren abgestimmte Speisekarte. Prima Idee und gute Planung von Katja und Christian. Wir hoffen, dass wir euren Landen "am Laufen" halten können.

  • Anke Henkel
    March 27, 2020 um 9:44 pm

    Meine Eltern hatten ein Hotel/Restaurant in Odenspiel. In den 70er Jahren gab es Sonntagsfahrverbote. Ich kann mich noch gut erinnern, dass alles für die Gäste vorbereitet war, aber kaum jemand kam, denn unsere Gäste waren damals überwiegend aus dem Kölner Raum. Mein Vater war damals aufgrund der Einnahmeausfälle sehr verzweifelt.

    Hut ab vor der Familie Eggert, die auf diesem Weg auch versucht, Arbeitsplätze zu erhalten. Ihr seid toll. Und allen anderen Gewerben wünsche ich auch ein gutes Durchkommen durch die Krise. Wir Ruppichterother brauchen Euch!

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