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Willms Fleisch verzichtet künftig auf Werkverträge

Von Nicolas Ottersbach | | Wirtschaft/Politik

Willms Fleisch will an allen Standorten ab 2021 im Kerngeschäft auf Werkverträge verzichten und die Mitarbeiter fest einstellen. Konkret geht es um die Bereiche Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung. Foto: In Schutzanzügen warten Tester auf die Mitarbeiter des Betriebs [Nicolas Ottersbach]

"Mit diesem wegweisenden Schritt will das Unternehmen seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und zugleich die Erzeugung und Herstellung von Fleisch und Fleischprodukten am Standort Deutschland auch in Zukunft sicherstellen", erklärt ein Unternehmenssprecher. In den nächsten Monaten wolle man ein Konzept erarbeiten, um die Mitarbeiter in die Unternehmensgruppe zu integrieren. Dabei soll es unter anderem um die Zeiterfassung und die Wohnsituation der Mitarbeiter gehen. Viele von ihnen leben in Gemeinschaftsunterkünften.

Zwei Drittel Saisonarbeiter

Etwa zwei Drittel der Ruppichterother Willms-Belegschaft, die rund 800 Mitarbeiter stark ist, sind Saisonarbeiter. Sie stammen größtenteils aus osteuropäischen Ländern. Die Unterkünfte der Arbeiter werden laut eines Sprechers regelmäßig kontrolliert, wobei es auch jetzt in der Coronakrise keine Beanstandungen gegeben habe. Zudem habe das Amt für Arbeitsschutz die Auflagen zum Schutz vor dem Coronavirus überprüft und keine Mängel festgestellt. Im Mai waren alle Mitarbeiter auf das Virus getestet worden, alle Tests waren negativ. Der Rhein-Sieg-Kreis lässt sie derzeit ein zweites Mal testen.

Das Bundeskabinett plant ohnehin, dass in Fleischfabriken ab 2021 das Schlachten und verarbeiten von Fleisch nur noch mit Arbeitnehmern des eigenen Betriebes zulässig ist. Dafür Werkverträge zu vergeben wäre dann nicht mehr möglich. Hintergrund der geplanten Auflagen ist die Kritik an den Arbeitsbedingungen. Außerdem dürften die jüngsten Coronavirus-Ausbrüche in Fleischfabriken eine Rolle spielen.

Auswirkungen auf Produktpreise und Standort unklar

Welche Auswirkungen diese Änderungen auf die Finanzen von Willms Fleisch, den Standort Ruppichteroth und die Preise der Produkte haben wird, dazu gibt es keine Aussage des Unternehmens. "Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu weiteren Details nicht äußern", so ein Sprecher.

Andere Betriebe haben allerdings bereits Kritik geübt. Man sei darauf angewiesen, Mitarbeiter über Werkverträge oder über Arbeitnehmerüberlassungsagenturen zu beschäftigen. Grund seien starke Schwankungen in der Nachfrage, die es auch bei Willms gibt. Sobald die Grillsaison beginnt, wird die Produktion schlagartig gesteigert.

Mehr als Tausend Beschäftigte bei Willms

Die Unternehmensgruppe Willms wird in zweiter Generation von Hubert Willms geführt und hat sich auf die Herstellung von Fleisch, Wurst und Convenience-Produkten für den Lebensmitteleinzelhandel spezialisiert. Willms Fleisch hat in Deutschland insgesamt vier Standorte, in einem Schlachthof in Bochum arbeiten rund 350 Menschen. Ein weitere Produktionsstätte mit ebenfalls etwa 350 Angestellten befindet sich im sächsischen Weißwasser, nahe Bremen gibt es einen einen weiteren Betrieb.

Kommentare

  • Solbach, Albert
    July 3, 2020 um 8:56 pm

    Hallo Horst, du als Kommunalpolitiker (und gerade für die SPD), oder ehemals?, solltest die Verhältnisse kennen. Selbst die Bundes-CDU hat mittlerweile eingesehen, dass es so in der Fleisch"industrie" nicht weitergehen kann. Zu den Zahlen: siehe Bericht auf broeltal.de vom 11.05.2020. Leiharbeiter sind nicht gleich Werkvertragsnehmer. Ich kenne die Verhältnisse aus meiner Tätigkeit als stellvertr. Ordnungsamtsleiter und Sozialamtsleiter. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Das System, das hoffentlich bald ein Ende haben wird, ist eine "Schweinerei".

    • Andre Bänninger
      July 4, 2020 um 2:12 pm

      Hallo Herr Solbach, vielen Dank für Ihren Beitrag/ Ihre Beiträge. Genau so und nicht anders ist es. Daran gibt es auch (leider) nichts schön zu Reden. Endlich einmal jemand, der die Dinge ganz klar so benennt wie sie sind. Ich selbst kenne einige die dort beschäftigt sind und viele die dort beschäftigt waren. Wenn die hinter vorgehaltener Hand anfangen zu erzählen was da alles so "abgeht", wird einem regelrecht schwindelig.

      • Horst Alenfelder
        July 5, 2020 um 8:55 pm

        Das System ist eine Schweinerei, aber trotzdem die Frage woher die konkreten Daten bzgl. der Firma Willms sind. Wieviel Werksverträge und wieviel über die Firma Tramonia? Wenn sie, Herr Bänniger näheren Kontakt haben und wissen was da abgeht, sollten sie politisch aktiv werden und dies ändern. Aber wie gesagt Fakten helfen da weiter.

  • Solbach, Albert
    June 26, 2020 um 4:50 pm

    Es ist natürlich einfach, nachdem der Gesetzgeber Werkverträge in dem Bereich verbieten will, einen "Verzicht" bekanntzugeben. Seit weit über zehn Jahren ist die Problematik der Werkverträge in der Fleischindustrie bekannt. Offenbar hat erst Corona das Augenmerk der Problematik auf die Politik gerichtet. Die Werkvertragsnehmer aus einigen osteuropäischen Ländern waren unter menschenunwürdigen Verhältnissen untergebracht und wohlmöglich auch im Betrieb angestellt.

    Die Firma Willms war kein Arbeitgeber für die Bevölkerung der Gemeinde, da mindestens zwei Drittel Werkvertragsnehmer (oder besser: Arbeitssklaven) aus Osteuropa sind. Die Unterbringungsverhältnisse waren allen Parteien und der Verwaltung bekannt, verstreut auf das Gemeindegebiet.

    Wen wundert es, dass bei Tönnies und anderen Corona-Hotspots entstehen. Wie sollen unter diesen Bedingungen am Arbeitsplatz und in der Unterkunft, welche sich von vielen Menschen unter oft miserablen hygenischen Verhältnissen geteilt werden müssen, solche Ausbrüche verhindern lassen?

    Die Politik hat dies seit vielen Jahren ignoriert (auch in der Gemeinde) und nun musste erst Corona kommen, um dies zu ändern. Aber den "Fleischbaronen" wird schon sicher wieder eine "Schweinerei" einfallen.

    • Horst Alenfelder
      June 30, 2020 um 6:16 pm

      Hey, woher hast du die Zahlen dass zwei Drittel Werksverträge sind? Kein Arbeitgeber für die Gemeinde? Ich selber hatte die Chance über eine Leiharbeitsfirma, ohne Werksvertrag. Ohne menschenunwürdige Unterkünfte. Dort arbeiten zu können. Wenn Verhältnisse nicht gut sind sollte man sie ändern, hundertprozentig. Aber einfach Schublade auf, Willms rein, Schublade zu... ist mir persönlich zu einfach.

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