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Fehlende Baugenehmigung

Hähnchenwagen muss nach 35 Jahren seinen Platz in Ruppichteroth räumen

Von Nicolas Ottersbach | | Wirtschaft/Politik

Leckere Grillhähnchen wird es in Ruppichteroth vorerst nicht mehr geben. Dem Imbisswagen von Geflügel Reifenrath, der 35 Jahre an der Brölstraße stand, wurde der Betrieb untersagt – weil ihm laut Bauaufsichtsamt eine Baugenehmigung fehlt. Foto: Statt Hähnchen gibt es nun gepfefferte Sätze in Ruppichteroth [Nicolas Ottersbach]

Das große, orangefarben umrandete Schild, das anstelle des Hähnchenwagens steht, hat in den vergangenen Tagen für viel Gesprächsstoff gesorgt. „Die Gemeinde Ruppichteroth hat per Gerichtsbeschluss den Verkauf unserer leckeren Hähnchen nach 35 Jahren untersagt“, lautet eine Passage des Textes. Immer mittwochs hielt der Imbiss von Geflügel Reifenrath vor dem ehemaligen Getränkemarkt neben den Gemeindewerken Ruppichteroth. Viele kauften nicht nur für das Mittagessen, sondern gleich mehrere Tage ein. Und nun prangt dort nur noch ein Plakat.

Wie Betreiber Dirk Michael Reifenrath erklärt, darf er auf Anordnung der Behörden den Platz seit dem 1. August nicht mehr anfahren. „Verstoßen wir gegen das Verkausverbot, droht uns ein Zwangsgeld von 25.000 Euro.“ Man habe dort knapp 35 Jahre gestanden, ohne dass es Probleme gegeben habe. Der Parkplatz vor dem Getränkemarkt, der mittlerweile an einen Kölner verkauft wurde, sei Privatgrund. Reifenrath habe vom Privatmann die Erlaubnis, dort einen Imbiss aufzustellen.

Gemeinde zeigt Reifenrath beim Bauaufsichtsamt an

Doch die Gemeinde Ruppichteroth und der Rhein-Sieg-Kreis sehen das offenbar anders. „Wir werden seit einem halben Jahr mit Ordnungsverfügungen und Gerichtsbeschlüssen bombardiert, damit wir den Verkauf einstellen“, sagt Reifenrath. So seien die Gemeinde und die Polizei auf ihn aufmerksam geworden, weil sein Wagen die Sicht für den Verkehr eingeschränkt haben soll. „Daraufhin bot ich an, den Wagen weiter an die Hauswand und gerader zu stellen“, erklärt Reifenrath. Seine Mühen seien erfolglos geblieben.

Die Gemeine Ruppichteroth will das nicht auf sich sitzen lassen und teilt über einen Vertreter mit: "Ich weise darauf hin, dass die Aufstellung des Verkaufswagens und der damit einhergehende Verkauf von Grillwaren an dieser Örtlichkeit nicht seitens der Gemeindeverwaltung Ruppichteroth untersagt wurde. Die Untersagung erfolgte durch eine übergeordnete Behörde in Form des Erlasses einer entsprechenden Ordnungsverfügung. Die zuvor erwähnte, auf dem Plakat veröffentlichte Darstellung, entspricht somit nicht den Tatsachen."

Aber: Die Gemeinde Ruppichteroth wandte sich an den Rhein-Sieg-Kreis, wie eine Sprecherin des Kreises erklärt. „Die Gemeinde Ruppichteroth hat den Sachverhalt beim Bauaufsichtsamt angezeigt, woraufhin eine baurechtliche Prüfung erfolgte.“ Das Ergebnis: Es handele sich bei dem Verkaufswagen nach der Rechtsprechung um eine bauliche Anlage, für die keine Baugenehmigung vorliege. „Der Standort befindet sich auf mehreren für den Getränkemarkt genehmigten Stellplätzen und außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche. Deshalb kann hier für die Aufstellung des Verkaufswagens auch keine Baugenehmigung erteilt werden.“ Und auch für die Zukunft sieht man beim Kreis schwarz. „Aus unserer Sicht kann der Verkaufswagen auf dem Grundstück des Getränkemarktes nicht genehmigt werden, da ihm dort keine zulässigen Flächen zur Verfügung stehen. Die Flächen dort liegen entweder außerhalb der nach dem Bebauungsplan überbaubaren Flächen oder sind im Rahmen der Genehmigung für den Getränkemarkt für Wareneingang, Stellplätze etc. vergeben.“

Bauordnungsrecht gilt auch für Imbisswagen

Das Bauordnungsrecht in NRW spielt tatsächlich eine Rolle, wenn man einen Imbisswagen betreiben möchte. Unter welchen Voraussetzungen Verkaufswagen bauliche Anlagen im Sinne der Landesbauordnung sind, regelt Paragraf 2 der Bauordnung NRW. Die Vorschrift lautet: „Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Eine Verbindung mit dem Erdboden besteht auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Erdboden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden.“

Dirk Michael Reifenrath hat nun ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht angestrebt. „Fliegende Bauten sind in NRW genehmigungspflichtig, aber es gibt eine Lücke. Nämlich dann, wenn man nicht überwiegend dort steht“, erklärt er. Genau das treffe auf den Hähnchenwagen zu: Er stehe dort nicht täglich, und auch maximal sechs bis acht Stunden. Seiner Bitte, seinen Stand weiter betreiben zu dürfen, bis das Gericht entschieden habe, stimmte der Kreis nicht zu.

In Rheinland-Pfalz, wo Reifenraths Wagen ebenfalls unterwegs sind, ist man da einen Schritt weiter und deutlich unbürokratischer. Dort dürfen nach einer rechtlichen Änderung Imbiss- und Verkaufswagen auf öffentlichen Verkehrsflächen und gewerblich genutzten Flächen ohne eine Baugenehmigung stehen.

Kommentare

  • Norbert Thomé
    August 10, 2022 um 6:30 pm

    Es wird ja zur Zeit darüber diskutiert ob Deutschland demnächst nicht DBR (Deutsche Bürokratische Republik) heißen soll. Es gibt jedoch Widerstände, da diese Bezeichnung zu sehr an die "DDR" erinnere. Als Alternative wurde vorgeschlagen den Begriff "Deutsche Beamten Republik" zu verwenden. Richtigerweise stellte man fest, dass dies ja auch stark an "DDR" erinnere. Nun steht das Kürzel "DGR" (Deutsche Gängelungs Republik ) zur Diskussion. Ich bin gespannt wie entschieden wird.

    • Claudia
      August 11, 2022 um 5:37 pm

      Lasst doch einfach BRD steht, kennt schon jeder und geht für Bürokratische Republik Deutschland. Die Einführung eines neues Kürzels würde ja Milliarden verschlingen. Leider alles nicht mehr zum Lachen :-(

  • Bernd S.
    August 8, 2022 um 2:08 pm

    Das ist ja wohl der Wahnsinn! Hoffentlich erinnert man sich bei der nächsten anstehenden Wahl an diesen Schildbürgerstreich! Nämlich dann, wenn wieder 8qm große Plakate an exponierter Stelle, vornehmlich Kreisel und Kreuzungen, die Sicht versperren :-), vom Verkehrsgeschehen ablenken, und einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr darstellen!

  • Richard
    August 7, 2022 um 8:08 pm

    Seitwann kann ein Privatmann eine Erlaubnis für die Aufstellung eines Imbisswagens erteilen. Bürokratie hin oder her. Warum das erst nach 35 Jahren auffällt, ist mir ein Rätsel.

  • Thomas Gillner
    August 7, 2022 um 12:33 pm

    Hmm… vielleicht sollte jetzt ein jeder per Eilantrag beim Bauamt prüfen lassen, ob denn eine Baugenehmigung für sein Haus vorhanden ist, damit es da keine Überraschungen gibt.

    Haben wir in diesem Land ernsthaft keine anderen Probleme?

  • Michael Sachse
    August 6, 2022 um 7:51 pm

    Das wäre doch jetzt die Gelegenheit für den benachbarten Imbiss vor Ort die Mittwoch-Karte vom Hänchenwagen aufzugreifen und in die Tat umzusetzen.

    Die Nachfrage und regelmäßige Abnahme wären zumind. Mittwochs gewährleistet.

    Bleibt abzuwarten, ob der Imbis am Ort so viel Pioniergeist aufbringt uns Dörpern das gewohnte halbe Hähnchen & Spießbratenbrötchen zu liefern.

  • Ulrich Stommel
    August 6, 2022 um 12:21 pm

    "Der Bürokrat tut seine Pflicht von neun bis fünf - mehr tut er nicht!" nach Carl Zeller, "der Obersteiger".

  • Sophia
    August 6, 2022 um 10:35 am

    Also ich kenne in Rupichteroth auf Anhieb 10 andere Stellen, an denen die Sicht für den Verkehr eingeschränkt ist. Und das seit Jahren. Ohne, daß die Gemeinde dagegen klagt.

    Außerdem gewinnt man den Eindruck, daß es seitens der Gemeinde gewünscht ist, daß weiterhin eine kulinarische Diaspora herrscht. Von kultureller mal garnicht erst zu reden.

  • Ralf
    August 6, 2022 um 7:21 am

    Schade das man nach 35 Jahren bemerkt das keine Baugenehmigung vorhanden ist. Wer hat denn da kein Hähnchen mehr bekommen u. ist jetzt sauer? Lächerlich!

  • Hansi
    August 5, 2022 um 10:30 pm

    Na, wenn wir keine sonstigen Probleme haben... Wer dürfte sich denn da einmal in der Verwaltung verwirklichen? Für mich stellen übrigens die regelmässig "demonstrierenden" Knallchargen mit ihren Schildchen an der Bushaltestelle eine Sichtbehinderung dar. Wenn die wenigstens Hähnchen verkaufen würden...

  • Thorsten Lingnau
    August 5, 2022 um 5:08 pm

    Deutschland deine Paragrafen, wir schaffen uns immer mehr ab. Was vermisse ich die Zeiten in der wir noch nicht so eine Bürokratie, Verwaltung und Verbotsgesellschaft wahren wo der Bürger noch über sich selber entscheiden durfte und das beste war, auch in den Zeiten haben wir überlebt.

  • Helmut
    August 5, 2022 um 1:58 pm

    Es grüßt der goldene Reiter aus der größten offenen Psychiatrie der Welt - die BRD!

  • Dirk Düster
    August 5, 2022 um 1:39 pm

    Wir lassen gerade in der Verwaltung prüfen, ob eine Änderung des Bebauungsplans möglich ist, damit es mit dem Verkauf weitergehen kann! (SPD-Ruppichteroth)

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