Die Bürgermeister des Rhein-Sieg-Kreises haben Ina Scharrenbach, NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, einen Brandbrief geschrieben. Sie fordern ein Umdenken bei der Finanzierung der kommunalen Haushalte und sehen die demokratische, freiheitliche Grundordnung in Gefahr. Foto: In Ruppichteroth sollte die Grundsteuer B drastisch erhöht werden [Daniel Prior]
Als Bürgermeister Mario Loskill ankündigte, die Grundsteuer B auf rund 1500 Punkte zu erhöhen, gingen die Ruppichterother auf die Barrikaden. Zwar wurde eine derartige Erhöhung nun durch den Gemeinderat abgewandt, dennoch gibt es immer noch ein Millionen-Loch im Haushalt, bei dem nicht klar ist, wie es gestopft werden soll. Auch andere Kommunen des Kreises geraten immer weiter in eine finanzielle Schieflage, weshalb die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister Mininisterin Scharrenbach zu einem Gespräch eingeladen hatten.
So sehr sich die Amtsträger für den Besuch bedanken, so unbefriedigend war offenbar das Ergebnis. Das bringen sie in einem Brandbrief zum Ausdruck, den sie nun veröffentlichten. "Wir sind uns einig darin, dass wir die stärker werdenden populistischen Tendenzen nicht noch weiter befördern wollen", schreiben sie. Dazu könnten aber für den Haushaltsausgleich notwendige erhebliche Steuererhöhungen
wie bei der Grundsteuer B führen, wie einige Beispiele aus jüngster Zeit im Rhein-Sieg-Kreis mit massiven Aktionen unter anderem gegen die Bürgermeister gezeigt hätten. So hatte Mario Loskill teilweise harte Anfeindungen erlebt.
"Starres Korsett der Haushaltsregelungen lockern"
Stattdessen solle möglicherweise die Anpassung der Regelungen in der Gemeindeordnung NRW dabei helfen, die das "starre Korsett der Haushaltsregelungen lockern" sollen, damit diese zusätzlichen Belastungen der Bürger vermieden würden. Eine grundsätzliche Neuverteilung des
Steueraufkommens in Bund und Land zugunsten der Kommunen sei jedoch nicht zu erwarten, wie Scharrenbach ausgeführt haben soll. "Die heute von Ihnen angekündigte Erhöhung der Gemeindefinanzierung des Landes um knapp ein Prozent sehen wir grundsätzlich positiv, ist aber verglichen mit den zusätzlichen Belastungen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein", so die Bürgermeister.
Sie fordern deshalb einige grundlegende Änderungen. Die Grund-Finanzausstattung der Kommunen durch das Land soll so
erhöht werden, "dass die Kommunen ihren Aufgaben der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger in adäquater Form dauerhaft nachkommen können".
Zudem soll es keine Finanzierung der Altschuldenlösung zulasten des Gemeindefinanzierungsgesetzes geben. Zwar seien die genauen
Bestimmungen zur angedachten Altschuldenlösung derzeit noch nicht bekannt, dennoch ließen die im Juni vorgelegten Eckpunkte befürchten, dass hier Mittel allenfalls von einer auf die andere Seite geschoben würden und sich die finanziellen Auswirkungen
bestenfalls neutral gestalteten.
Das Land soll das Konnexitätsprinzip einhalten, welches bestimmt, dass bei Übernahme von Aufgaben durch die Kommunen, diese entsprechend finanziell auszustatten sind.
Gestiegene Kosten an allen Ecken
Bestimmte Ausgaben sollen auch in Zukunft vom Haushalt isoliert werden können. "Die Kommunen leiden weiterhin an den Folgen des Ukrainekrieges. Gestiegene Energie- und Baupreise belasten die städtischen Haushalte. Gleiches gilt für die Zinsaufwendungen, die im Zuge der Bemühungen der galoppierenden Inflation durch erhöhte Leitzinssätze entgegenzuwirken, deutlich angestiegen sind", schreiben die Bürgermeister.
Möglicherweise ließe sich diese Regelung durch einen Verzicht auf die Berücksichtigung der Abschreibungen bei der Ergebnisdarstellung der Kommunen ersetzen.
"Während einerseits im Bund von hauptamtlichen Politikern Steuersenkungen und zusätzliche soziale Leistungen geplant und realisiert werden, die zulasten der kommunalen Einnahmen gehen, obliegt es den ehrenamtlichen Ratsmitgliedern wegen der daraus resultierenden Unterfinanzierung ihrer Haushalte kommunale Steuern zu erhöhen und/oder eigene Angebote im Bereich der freiwilligen Leistungen zum Beispiel. im Bereich von Bildung und sozialer Förderung für Kinder und Jugendliche oder auch Senioren zu reduzieren", so die Bürgermeister.
Die "ganze Absurdität dieser entkoppelten Entscheidungslage" könne man am Beispiel des geplanten Wachstumschancengesetzes zeigen. Die Steuererleichterungen des Bundes würden dann in NRW von vielen Kommunen über eine Anhebung der Hebesätze der Gewerbesteuer
kassiert werden müssen. Nach Einschätzung der Bürgermeister des Rhein-Sieg-Kreises verstärke sich so derzeit ein "gefährlicher Trend": "Die daraus resultierende Frustration verringert die Bereitschaft kompetenter Bürgerinnen und Bürger ein ehrenamtliches kommunalpolitisches
Engagement anzustreben und erhöht die Chancen von Populisten bei den anstehenden Wahlen."
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